Anfang 2018 ist die Finanzmarktrichtlinie Mifid II in Kraft getreten und wird seitdem von ständiger Kritik begleitet. Nun aber keimt Hoffnung auf Besserung, da die EU-Kommission zwei Jahre nach dem Start nachschaut, wie gut oder schlecht die Richtlinie im Alltag funktioniert. Um das herauszufinden, hat sie von Februar bis April eine Konsultation auf Basis von über 90 Fragen zur Umsetzung von Mifid II in der Praxis bei Branchenverbänden durchgeführt.

Dabei enthält der Fragebogen auch zwei Punkte, in denen die Kommission wissen will, ob Provisionen in der Wertpapierberatung nach Ansicht der Industrievertreter vollständig verboten werden sollten. Das hatte Brüssel ganz am Anfang der Beratungen zu Mifid II schon einmal geplant. Bekanntlich ist der Erhalt von Courtagen aber an Bedingungen geknüpft  und für Finanzportfolioverwalter verboten. In Deutschland etwa dürfen Finanzanlagenvermittler mit einer Erlaubnis gemäß Paragraf 34f Gewerbeordnung Provisionen grundsätzlich annehmen.

Deutscher Fondsverband lehnt Provisionsverbot klar ab
So lautet Frage 49 des Konsultationspapiers; "Sind Sie der Meinung, dass die aktuellen Regeln zu Anreizen ausreichen, damit Wertpapierberater im besten Interesse ihrer Kunden handeln"? ("Do you believe that the current rules on inducements are adequately calibrated to ensure that investment firms act in the best interest of their clients?"). In der darauffolgenden Frage 50 möchte die Kommission von den Umfrageteilnehmern wissen, ob sie Vorteile in einem vollständigen Provisionsverbot sehen ("Would you see merits in establishing an outright ban on inducements to improve access to independent investment advice?").

Der deutsche Fondsverband BVI lehnt dieses Ansinnen klar ab, denn dies würde den Wettbewerb zugunsten der Versicherungen weiter verzerren. "Die Befürworter eines Provisionsverbots ignorieren zudem die sozialen Vorteile der Provisionsberatung: Wer viel anlegt, zahlt viel Provision; wer wenig anlegt, zahlt wenig. Außerdem kann der Kunde anders als bei der Honorarberatung kostenfrei 'nein' sagen. Auch wollen oder können viele Kunden kein Honorar zahlen", heißt es in dem Statement, in dem auch ein Link zu dem Papier mit den Antworten des BVI enthalten ist.

Zudem sei mit der Umsetzung von Mifid II der potenzielle Konflikt zwischen Provisionsanreiz und Kundeninteresse entschärft worden, denn der Berater muss den Betrag der Provisionen gegenüber dem Kunden offenlegen. "Insgesamt garantiert das deutsche Modell mit seinem Wahlrecht zwischen Provisions- und Honorarberatung auch Kleinanlegern den Zugang zu professioneller Finanzberatung", so der BVI.

EU-Kommission denkt über Änderungen bei Taping-Vorschriften nach
Ansonsten hat der Verband die Konsultation der Kommission aber begrüßt: "Erfreulicherweise adressiert sie in dem Fragenkatalog auch zahlreiche Auswüchse im Verbraucherschutz, die der BVI vielfach kritisierte und die auch die deutsche Bundesregierung in ihrem Positionspapier Ende August 2019 bemängelte."

Der BVI vermerkt positiv, dass die EU-Kommission über den "Verzicht von überflüssigen Pflichtinformationen gegenüber professionellen Kunden nachdenkt". Zudem beschäftige sie sich mit der Frage, ob EU-Gesetze besser verknüpft werden sollten. "Zum Beispiel gehen die Berechnungsmethoden zur Kostendarstellung von Anlageprodukten nach Mifid II und der Verordnung über verpackte Anlageprodukte (Priips) völlig auseinander. Das verwirrt den Kunden und erschwert die Arbeit des Beraters unnötig. Das erklärte Ziel des EU-Gesetzgebers, mehr Kostentransparenz zu schaffen, wird damit zu Lasten derer, die geschützt werden sollen, nicht erfüllt", so der Verband.

Eine Frage der Kommission deutet ferner drauf hin, dass Brüssel das von vielen kritisierte Taping in Frage stellen könnte, da sie wissen möchte, ob die Aufzeichnungen das Risiko von Fehlberatungen vermindern. Auch die Vorschrift, dass Kosten für das Wertpapiergeschäft am Telefon vorab genannt werden müssen, steht auf dem Prüfstand: In der Umfrage sollen Teilnehmer ihre Meinung zu der Möglichkeit abgeben, die Kosten nachträglich nennen zu können. Das war etwa eine der Forderungen der deutschen Bundesregierung. (jb)