Die drei rechtsetzenden Organe der EU, Parlament, Rat und Kommission, haben eine vorläufige Einigung darüber erzielt, dass Finanzunternehmen künftig offenlegen müssen, wie sie die Faktoren Umwelt, Soziales und Governance (sogenannte ESG-Kriterien) bei ihren Investitionsentscheidungen berücksichtigen. Damit wurde die letzte Möglichkeit genutzt, sich noch vor den Europawahlen auf einen gemeinsamen Text zu einigen.

"Institutionelle Anleger wie etwa Vermögensverwalter oder Versicherungsunternehmen erhalten von ihren Kunden und Begünstigten einen Auftrag, Investitionsentscheidungen in deren Namen zu treffen", heißt es dazu in einer Mitteilung des EU-Rats. Obwohl diese Unternehmen strengen rechtlichen Anforderungen genügen müssten, um sicherzustellen, dass sie im bestmöglichen Interesse ihrer Kunden handeln, gebe es bislang noch keine Regelung zu den Auflagen und Informationspflichten in Bezug auf die ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Investitionsentscheidungen. Mit dem nun vereinbarten Text werde ein harmonisierter Ansatz der EU für die Berücksichtigung von Risiken und Chancen von Nachhaltigkeit in den Prozessen institutioneller Anleger festgelegt.

Pflicht zur Offenlegung berücksichtigter Nachhaltigkeitskriterien
Investoren werden demnach verpflichtet, Informationen zu ihren aktuellen Prozessen zur Berücksichtigung von Umweltrisiken und sozialen Risiken in ihrer Anlage- und Beratungstätigkeit zu veröffentlichen. Sie müssen auch transparent machen, inwiefern sich diese Risiken auf die Rentabilität der jeweiligen Investition auswirken könnten.

Darüber hinaus müsse ein institutioneller Anleger, der eine "grüne" Anlagestrategie verfolge, Informationen zur Umsetzung dieser Strategie und zu den Auswirkungen seiner Produkte und Portfolios auf Nachhaltigkeit oder Klimaschutz veröffentlichen. Letzteres soll mögliche "Mogelpackungen" im Rahmen sogenannter "greenwashing"-Kampagnen möglichst ausschließen – also das Risiko, dass Produkte und Dienstleistungen, die als nachhaltig oder klimafreundlich vermarktet werden, die entsprechenden Nachhaltigkeits- und/oder Klimaziele, die sie angeblich verfolgen, in Wirklichkeit gar nicht erfüllen, so weit als möglich minimieren.

Weitere Einzelheiten wurden bisher noch nicht veröffentlicht. Die erzielte politische Einigung wird nun den EU-Delegierten zur Billigung vorgelegt. Danach wird der Text von den Rechts- und Sprachsachverständigen überarbeitet, bevor dann Parlament und Rat ersucht werden, die vorgeschlagene Verordnung in erster Lesung anzunehmen. Eine endgültige Veröffentlichung ist aufgrund der Europawahlen nicht vor Ende 2019 zu erwarten.

Performancevorbehalte halten sich hartnäckig
In der Zwischenzeit wird die Diskussion darüber, ob und in welcher Weise sich die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien auf die Performance eines Investments auswirkt, lebhaft weitergeführt werden. "Unabhängig davon wird es nun für alle Asset-Owner, Asset-Manager und Finanzberater wichtig, auf relevante Nachhaltigkeitsindikatoren zu setzen, die eine materielle Auswirkung auf die Performance einer Finanzanlage haben können", kommentiert Axel Hesse, Gründer und Gesellschafter des ESG-Datenanbieters SD-M GmbH die neue EU-Regulierung. Er freue sich in diesem Zusammenhang, mit den von SD-M entwickelten "Sustainable Development Key Performance Indicators" (SD-KPIs) über eine Fünf-Jahres-Periode in Indizes wie dem Euro iStoxx 50 SD-KPI und anderen, breiter aufgestellten Börsenbarometern schon heute eine Outperformance-Wirkung von Nachhaltigkeitskriterien nachweisen zu können. (hh)