Die EU-Kommission hat einen Gesetzentwurf veröffentlicht, der Hürden im grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds abbauen soll. Der Entwurf ist Teil des größeren Plans einer europäischen Kapitalmarktunion. Ziel dieses vor rund drei Jahren angestoßenen Projektes ist eine engere Verzahnung der Finanzmärkte Europas, um letztlich einen gesamteuropäischen Markt für Finanzprodukte zu schaffen. 

Mit dem aktuellen Entwurf für einen einfacheren Vertrieb von Fonds über Staatengrenzen hinweg möchte die Kommission nicht zuletzt die Kosten der Fonds auf breiter Front senken. Der Gedanke: Durch den europaweiten Verkauf der Portfolios sollen insbesondere kleinere Fonds mehr Anleger gewinnen, sodass sich die Fixkosten auf mehrere Schultern verteilen. Zudem sollen Grenzöffnungen den nationalen Wettbewerb zwischen den Asset Managern fördern – zum Wohl der Investoren.

Die Pläne der Kommission zielen darauf ab, eine Reihe an regulatorischen Vorschriften zu ändern oder zu streichen, die die Anzeige des Vertriebs eines Fonds bei der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde behandeln. Ein Beispiel aus der Fülle der sehr technischen Details ist, dass Vermögensverwalter nicht mehr, wie einige Staaten derzeit fordern, eine Geschäftsstelle oder Niederlassung vor Ort unterhalen müssen, um Kunden alle relevanten Informationen für die Anlage in das Produkt zu liefern oder die Ausgabe oder Annahmen von Fondsanteilen sicherzustellen (den vollständigen Gesetzestext der Kommission finden Sie hier in englischer Sprache).

Deutscher Fondsverband ist enttäuscht 
Der deutsche Fondsverband BVI wertet den Gesetzentwurf der EU-Kommission in einer ersten Reaktion als enttäuschend. "Statt Barrieren abzubauen, schafft die Kommission mit dem Gesetzesvorschlag neue", heißt es in einer Pressemitteilung.

Bestes Beispiel dafür seien die geplanten Voraussetzungen für die De-Registrierung eines Fonds in einem EU-Land. Demnach soll ein Asset Manager einen Fonds erst wieder vom Markt nehmen können, wenn dieser in dem betreffenden Land maximal zehn Anleger hat, die insgesamt weniger als ein Prozent des verwalteten Vermögens halten. "Wenn es wirklich darum geht, Hürden für den grenzüberschreitenden Vertrieb abzubauen, sollte dem Asset Manager die Entscheidung, sich aus einem Land zurückzuziehen, nicht erschwert werden", schreibt der BVI.

Heimliche Entmachtung von Bafin, FMA & Co.?
"Statt die Hürden im grenzüberschreitenden Vertrieb zu beseitigen, will die EU-Kommission im Rahmen der ESA-Reform lieber die ESMA mit mehr Kompetenzen ausstatten und die nationalen Aufsichtsbehörden entmachten", ergänzt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des BVI.

Nach Angaben des Verbandes plant die EU-Kommission demnach, die Fondsaufsicht schrittweise auf die EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA zu verlagern: zunächst nur für europäische langfristige Investmentfonds (ELTIFs), Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEFs) und Risikokapitalfonds (EuVECAs). Damit drohe eine Doppelaufsicht, denn die Fondsgesellschaften selbst werden weiter von den nationalen Behörden kontrolliert. "In einem zweiten Schritt könnten gar OGAWs und AIFs unter die Aufsicht der Esma fallen", mutmaßt der BVI. (jb)