Die Europäische Zentralbank (EZB) lotet den Einsatz von künstlicher Intelligenz bei ihren geldpolitischen und aufsichtsrechtlichen Aufgaben aus. Zum Teil kommt die Technologie auch schon zum Einsatz, schreibt Myriam Moufakkir, Chief Services Officer der EZB, in einem Blogbeitrag. So wollen die Währungshüter auf Techniken des maschinelles Lernens setzen, um das Aufspüren und Auswerten von Daten zu vereinfachen.

"Unsere Statistiker sammeln, verarbeiten und bereiten Daten von über zehn Millionen Gesellschaften in Europa auf", erläutert Moufakkir. Diese müssten korrekt klassifiziert werden, damit sie in die Entscheidungsfindung der Währungshüter einfließen. "Dies manuell zu tun, ist jedoch sehr zeitaufwendig", berichtet die Zentralbankerin. Mithilfe des maschinellen Lernens lasse sich die Klassifizierung automatisieren. "Unsere Mitarbeiter können sich auf die Auswertung und Interpretation dieser Daten konzentrieren."

Mit KI die Inflation kalkulieren
Ein weiteres Feld, in dem die Notenbank den Einsatz von künstlicher Intelligenz prüft, ist die Ermittlung von Daten zur Teuerung. "Durch die Anwendung von Web-Scraping und maschinellem Lernen sind wir heute in der Lage, eine riesige Menge an Echtzeitdaten zu einzelnen Produktpreisen zusammenzustellen", berichtet Moufakkir. Die gesammelten Daten seien jedoch weitgehend unstrukturiert und würden sich nicht direkt für die Berechnung der Inflation eignen. Die Währungshüter würden daher prüfen, "wie KI uns helfen kann, diese Daten zu strukturieren, um die Genauigkeit unserer Analysen zu verbessern", so die Expertin.

Bereits im Einsatz ist künstliche Intelligenz in einem dritten Bereich, der Bankenüberwachung. Dafür müssen die Aufseher viele Texte durchwühlen, etwa Medienberichte oder Dokumente von anderen Behörden oder den Banken. "Um all diese Informationen an einem Ort zu konsolidieren, haben unsere Kollegen die Plattform Athena entwickelt, die den Aufsichtsbehörden hilft, diese Informationen zu finden, zu extrahieren und zu vergleichen", schreibt Moufakkir.

Analysieren statt suchen
Mithilfe von Modellen zur Verarbeitung natürlicher Sprache, die mit dem Feedback der Aufsichtsbehörden trainiert wurden, helfe die Plattform etwa bei der Themenklassifizierung oder der Stimmungsanalyse. "Die Aufsichtsbehörden können nun diese Art von angereicherten Texten innerhalb von Sekunden zusammenstellen, sodass sie die relevanten Informationen schneller verstehen können – anstatt Zeit mit der Suche danach zu verbringen", so die EZB-Fachfrau. Auch den Einsatz von Textgeneratoren wie ChatGPT schaue sich die Notenbank an.

Gleichwohl mahnt Moufakkir, dass der Einsatz von maschinellem Lernen und ChatGPT auch an Grenzen stoßen kann. "Natürlich sind wir beim Einsatz von KI vorsichtig und sind uns der Risiken bewusst, die sie mit sich bringt", schreibt die Notenbankerin. "In enger Zusammenarbeit mit anderen Institutionen befassen wir uns mit Schlüsselfragen in den Bereichen Datenschutz, rechtliche Einschränkungen und ethische Überlegungen." (ert)