Es kann ein Unfall sein oder eine schwere Krankheit, die plötzlich auftritt: Wer vorübergehend oder gar dauerhaft nicht mehr handlungsfähig ist, braucht vertraute Menschen, die wichtige Dinge regeln. Damit Familienmitglieder, Lebenspartner oder Freunde in einem solchen Fall alle notwendigen Dokumente griffbereit haben, empfiehlt es sich, diese in einem sogenannten Notfallordner aufzubewahren. Dazu rät der Finanzplaner-Verband Financial Planning Standards Board Deutschland (FPSB Deutschland). 

"Es kann jeden treffen. Ein Notfallordner bringt Klarheit und Sicherheit", erklärt Alexandra Huhle, zertifizierte Finanzplanerin und Geschäftsführerin der Beratung Müller & Veith Investment aus Wiehl. Wenn es keinen solchen Ordner gibt, bedeutet das für die Angehörigen: Sie müssen mühsam und zeitaufwendig recherchieren, sich durch Aktenordner wühlen, Dienstleister, Versicherungen und Social-Media-Anbieter kontaktieren. Und es kann teuer werden, etwa, wenn Verträge nicht gekündigt werden, weil niemand weiß, dass sie überhaupt bestehen. 

Gesetzliche Betreuung verhindern
Doch was genau gehört in einen Notfallordner? Neben den Kontaktdaten wichtiger Ansprechpartner und Unternehmen sollte ein großer Teil die Bereiche Verfügungen und Vollmachten umfassen. Dazu zählen das Testament, Betreuungs- und Patientenverfügungen sowie die Vorsorgevollmacht. "Es ist ein großer Irrtum zu denken: 'Ich bin ja verheiratet, und mein Partner kann für mich alles regeln'", warnt Simone Deike, zertifizierte Finanzplanerin bei der MLP Finanzberatung in Bremen. Denn bei einem Notfall sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zunächst eine gesetzliche Betreuung vor. 

Das gilt auch für Ehegatten und Familienangehörige. "Verhindern kann man dies mit einer Vorsorgevollmacht als Generalvollmacht im Original", erklärt Deike. "Jeder, der 18 Jahre alt ist, sollte so eine Vollmacht ausstellen", sagt sie. Nicht weniger wichtig sind eine Betreuungs- sowie eine Patientenverfügung, und zwar für den Fall, dass man selbst nicht mehr entscheiden kann. Eine Patientenverfügung benötigen Ärzte, die verpflichtet sind, sich an den schriftlich geäußerten Willen zu halten. Außerdem werde die Notwendigkeit eines Testaments immer wieder unterschätzt, berichten die beiden Expertinnen. Liegt keines vor, greift die gesetzliche Erbfolge. 

Keine Passwörter
Ein weiterer Teil des Notfallordners sollte den Bereichen Finanzen und Wertanlagen sowie Versicherungen gewidmet sein. Hier empfiehlt sich vor allem die Ausstellung einer Bankvollmacht über den Tod hinaus. "Immer mehr an Bedeutung gewonnen hat auch die Information zum digitalen Nachlass", sagt Alexandra Huhle. Dazu zählen die Regelung der Zugangsdaten etwa für soziale Netzwerke, E-Mail-Dienste sowie digitale Wallets. Doch Huhle warnt: "Vertrauliche Informationen wie Passwörter gehören nicht in den Notfallordner." Dort findet sich im besten Fall nur ein Hinweis darauf, wo solche Daten hinterlegt sind.

Entscheidend ist, sich frühzeitig mit dem Thema Notfallordner zu beschäftigen. "Später ist zu spät", warnen die beiden erfahrenen zertifizierten Finanzplanerinnen. "Legen Sie den Ordner mit allen wichtigen Unterlagen und Vollmachten schon an, wenn es Ihnen gut geht und warten Sie nicht auf den Notfall", mahnen sie. (am)