Deutsche Anleger hatten zum 31. März 2024 fast eine Billion Euro in Fonds gemäß Artikel 8 und 9 der EU-Offenlegungsverordnung investiert. Publikumssondervermögen verwalten mit 727 Milliarden Euro rund drei Viertel des Gesamtvolumens. Dies zeigt die jüngste Erhebung des deutschen Fondsverbands BVI zum Markt für nachhaltige Investmentfonds.

Während nachhaltig investierende Spezialfonds im ersten Quartal des Jahres ein leicht positives Nettomittelaufkommen verbuchten, zogen Anleger aus ESG-Publikumsfonds per Saldo 3,3 Milliarden Euro ab. Besonders Misch- und Aktienfonds waren dem BVI zufolge von Anteilscheinrückgaben betroffen. Seit Anfang 2023 lag das Neugeschäft von Publikumsfonds mit ESG-Merkmalen in jedem Quartal deutlich unter dem Wert nicht nachhaltiger Produkte. Insgesamt belief sich der Nettomittelabfluss bei Artikel-8- und -9-Fonds in diesem Zeitraum auf über elf Milliarden Euro – gegenüber Zuflüssen von fast 28 Milliarden Euro in Artikel-6-Produkte.

In der Produktauswahl flexibel bleiben
Einen Grund dafür vermutet der BVI in der EU-Regulierung des Privatkundenvertriebs. Bei der seit August 2022 verpflichtenden Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen entschieden sich viele Anleger gegen eine Festlegung von ESG-Kriterien, um sich die volle Flexibilität in der Produktauswahl zu erhalten, so der Verband. Darüber hinaus scheiterten selbst interessierte Anleger oft an der Komplexität der vorgegebenen Fragen. "Weil Definitionen und Standards fehlen, sind verpflichtende Angaben zu den Nachhaltigkeitsmerkmalen außerdem regelmäßig nicht vergleichbar. Das führt zusätzlich zur Verunsicherung vieler Privatanleger", schreibt der BVI.

Eine weitere Ursache für den Mittelabfluss könnte auch die Tatsache sein, dass Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen und Fonds ohne Nachhaltigkeitsmerkmale in ihrer Anlagestrategie unterschiedliche Branchen bevorzugen. Aktienfonds gemäß Artikel 8 und 9 etwa investieren stark in Industriegüterproduzenten, darunter Hersteller von Windkraftanlagen oder Eisenbahntechnik. Auch Konsumgüterproduzenten sowie Technologieaktien machen einen überdurchschnittlich großen Anteil in ihren Portfolios aus.

Als attraktiv bewertete Branchen untergewichtet
Dagegen werden Unternehmen aus der Grundstoffindustrie oder dem Öl- und Gas-Sektor stark untergewichtet. Dasselbe gilt für den Bereich Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung. Aufgrund der geopolitischen Lage schätzten viele Marktbeobachter aber gerade diese Branchen derzeit als besonders attraktiv ein, so der BVI. (am)