Jérôme Kerviel ist in Menton an der französisch-italienischen Grenze festgenommen worden. Dem ehemaligen Händler bei der Société Générale, der 2008 für den größten Spekulationsverlust in der Finanzgeschichte verantwortlich war und die französische Großbank fast in den Ruin getrieben hatte, droht Gefängnis. Vor mehr als sechs Jahren waren Kerviels unautorisierte Transaktionen publik geworden, und in der Zwischenzeit hatte es drei Prozesse in dem Fall gegeben. Im März wurde der 37-Jährige in letzter Instanz zu fünf Jahren Haft verurteilt und hatte eine Frist bis Sonntag 24 Uhr, um sich bei der Polizei zu melden.

"Ich schäme mich, Teil dieses Systems gewesen zu sein"
Mit Kerviels Festnahme endet eines der dunkelsten Kapitel der französischen Bankengeschichte. Die Abwicklung der Transaktionen des ehemaligen Händlers im Volumen von mehr als 50 Milliarden Euro hatte dem Pariser Institut einen Rekordverlust von mehr als 4,9 Milliarden Euro beschert. "Ich schäme mich, Teil dieses Systems gewesen zu sein", sagte Kerviel am Wochenende in einem Interview mit Bloomberg Television auf seinem Weg zu Fuß vom italienischen Dorf Latte nach Menton. "Ich war in dem System, und ich habe zugelassen, in das System hineingezogen zu werden."

Das höchste französische Berufungsgericht hatte im März Kerviels Versuch abgewiesen, ein Urteil von 2012 zu kippen. Darin war er schuldig gesprochen worden, das Vertrauen der Bank missbraucht, Dokumente gefälscht und bei seinen Transaktionen falsche Daten in Computer eingegeben zu haben. Das Gericht hatte auch geurteilt, dass die Abwicklung der Transaktionen des ehemaligen Händlers durch die Bank im Jahr 2008 neu geprüft werden müsse. Die Richter nahmen seine Berufung gegen die Behauptung der Bank an, er sei allein für den Verlust der Bank aus der Liquidierung der Positionen verantwortlich.

Appell an Präsident Hollande
Kerviel hatte an Präsident François Hollande appelliert, Personen aus dem französischen Justizsystem Immunität zu verleihen, die die Art, wie sein Fall behandelt wurde, kritisieren wollen. Hollande werde eine Bitte um Begnadigung "entsprechend dem üblichen Verfahren" prüfen, hatte die Nachrichtenagentur AFP am Wochenende berichtet. Sollte Kerviel um Begnadigung bitten, werde darüber nach Prüfung durch und Beratung mit dem Justizministerium entschieden. (mb/Bloomberg)