Momentan ist der Versicherungsmarkt aufgrund der Unklarheiten bezüglich der Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD in deutsches Recht stark verunsichert. Gerade was die Betreuungspflichten im Bereich Versicherungsanlageprodukte angeht, sind sowohl Versicherer als auch Vermittler unsicher, welche genauen Pflichten zukünftig auf sie zukommen werden. Rechtsanwalt Jens Reichow von der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow erklärt im folgenden Originalbeitrag für FONDS professionell ONLINE die Problematik. (jb)


Nach Paragraf 7c Absatz 5 des Versicherungsvertragsgesetzes in neuer Fassung (VVG-E) haben der Versicherer und der Vermittler dem Versicherungsnehmer regelmäßig mitzuteilen, inwieweit das Versicherungsanlageprodukt den Präferenzen, Zielen und anderen kundenspezifischen Merkmalen des Versicherungsnehmers entspricht. Dabei sind sowohl die Entwicklung an den Kapitalmärkten als auch die Veränderungen des Produktes zu berücksichtigen, etwa Veränderung des Anlageschwerpunktes oder der Anlageregion oder der Investmentstrategie. Es ist also stets zu prüfen, ob das Versicherungsanlageprodukt noch für den Versicherungsnehmer geeignet oder angemessen ist.

Wie soll Betreuung erfolgen?
Unklar ist aktuell noch in welcher Form und in welchen Abständen eine solche Betreuung zu erbringen ist. Das Gesetz spricht insoweit von "regelmäßig" und "Bericht". Die Formulierung deutet darauf hin, dass es dem Gesetzgeber offenbar darauf ankommt, dass dem Versicherungsnehmer eine einseitig vom Versicherer oder Vermittler erfasste Erklärung über den aktuellen Status des Versicherungsanlageproduktes zukommt. Grundlage dieses Berichtes sind dabei die vom Versicherungsnehmer bei der Vermittlung gemachten Angaben zu seinen Anlagewünschen und -zielen. Andernfalls wäre nämlich nicht nur ein "Bericht" geschuldet, sondern es bestünde eine weiterführende Ermittlungspflicht bezüglich der aktuellen Anlagewünsche und -ziele des Versicherungsnehmers. Dies ist jedoch vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt.

Problematisch ist auch, was der Gesetzgeber unter "regelmäßig" versteht, mithin in welchen Zeiträumen ein solcher "Bericht" zu fertigen ist. Hierfür fehlt es sowohl im Gesetzestext als auch in der Gesetzesbegründung an Anhaltspunkten. Es sprechen dabei jedoch gute Gründe dafür, den entsprechenden Bericht parallel zu den jährlichen Wertmitteilungen nach Paragraf 155 VVG zu erstellen.

Freiwilligkeit nach Paragraf 7b Absatz 1 VVG-E
In der Diskussion wird oft übersehen, dass die Übermittlung der Berichte nach Paragraf 7c Absatz 5 VVG-E nur bestehen, soweit sich der Versicherer beziehungsweise Vermittler nach Paragraf 7b Absatz 1 VVG-E zur Erbringung einer solchen Pflicht verpflichtet hat. Eine Berichtspflicht ist also freiwillig. Versicherer und insbesondere Vermittler können also ihr eigenes Leistungsangebot festlegen und sich hierdurch von anderen Marktteilnehmern abgrenzen.

Betreuungspflicht nach Paragraf 6 Absatz 4 VVG
Auch sollte beachtet werden, dass die Berichtspflicht nach Paragraf 7c Absatz 5 VVG-E nach ihrer Umsetzung parallel und nicht anstatt der Betreuungspflicht des Paragrafen 6 Absatz 4 VVG bestehen würde. Die anlassbezogene Beratungspflicht nach Paragraf 6 Absatz 4 VVG, welche jedoch nur für den Versicherer und nicht auch für Vermittler gilt, bestünde also neben der Berichtspflicht nach Paragraf 7c Absatz 5 VVG-E.

Danach ist festzustellen, dass sollte ein Versicherungsanlageprodukt aufgrund einer Änderung der Präferenzen, Zielen und anderen kundenspezifischen Merkmalen des Versicherungsnehmers nicht mehr für den Versicherungsnehmer geeignet oder angemessen sein, dies auch aufgrund der aktuellen Gesetzeslage einen Anlass für eine Beratung nach Paragraf 6 Absatz 4 VVG begründen würde. Insoweit ist die Regelung des Paragrafen 6 Absatz 4 VVG die eigentlich weitreichendere Regelung für Versicherer, da der Versicherer von dieser gesetzlichen Regelung auch nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweichen kann.

Sollte es daher also tatsächlich zur Umsetzung des Paragrafen 7c Absatz 5 VVG-E kommen, so hätte diese Regelung, da sie anders als die Regelung des Paragrafen 6 Absatz 4 VVG auch für Vermittler gilt, nur für diese zwingend eine Verschärfung ihrer Pflichten zur Folge.