Ein weiteres Urteil hat die Position von freien Handelsvertretern gestärkt und ihnen weitere Sicherheit in der Zusammenarbeit mit Gesellschaften geschaffen. Aus einer bloßen Untätigkeit des Handelsvertreters dürfe nicht auf eine Kündigung des Handelsvertretervertrages geschlossen werden. Das hat das Oberlandesgericht  (OLG) München am 26. Oktober 2017 festgestellt (23 U 1036/17), wie Tim Banerjee, Rechtsanwalt der Kanzlei Banerjee & Kollegen in Mönchengladbach, in einer Pressemitteilung ausführt.

Er betont, dass der Fall zwar nicht aus dem Finanzbereich stamme, das Urteil aber für Handelsvertreter aller Bereiche einschlägig sei – somit also auch für Versicherungs- und Finanzanalagenvermittler.

Im konkreten Fall hatte ein Handelsvertreter dem Geschäftsführer der Gesellschaft, für die er tätig ist, via E-Mail erklärt, dass er das aktive Tagesgeschäft einstellen werde. Er wolle seine Kunden und die akquirierten Kontakte aber weiter bearbeiten. Der Vertreter habe weiter ausgeführt, dass beide wie versprochen in Kürze die Details klären würden. Zudem habe er den Geschäftsführer aufgefordert mitzuteilen, ob er noch mit ihm zusammenarbeiten wolle und in welcher Form.
 
Änderung des Vertrages – aber keine Kündigung
"Dies hat dazu geführt, dass die Gesellschaft dieses Ansinnen des Handelsvertreters als einseitige Kündigung aufgefasst hat", kommentiert Banerjee. "Das hat das Oberlandesgericht in letzter Instanz abgewiesen. Es war für den Senat nicht ersichtlich, inwiefern die E-Mail des Handelsvertreters eine Kündigung bedingen sollte. Insofern besteht das Vertragsverhältnis durch das Urteil weiter."

Dem Juristen zufolge ist es ein wichtiges Zeichen, dass der Plan des klagenden Handelsvertreters den Vorschlag für die Vereinbarung einer Vertragsänderung und gegebenenfalls die Ankündigung einer Vertragsverletzung darstelle – jedoch keine Kündigungserklärung. "Das erleichtert es Handelsvertretern natürlich, sich strategisch anders aufzustellen. Permanente Akquise ist keine grundlegende Bedingung für das Bestehen eines Vertrages, auch die ausschließliche Betreuung von Bestandsmandaten reicht dafür aus", so der Jurist.

Feste Regeln für Kündigung von freien Handelsvertretern
Manuela Müller, die bei Banerjee & Kollegen arbeitsrechtliche Fragen abdeckt, führt aus, dass dieses Urteil zeige, dass rechtssichere Kündigungen auch bei freien Handelsvertreten festen Regeln unterlägen. "Die Aussagen des Handelsvertreters als Kündigung verstehen zu wollen, reicht einfach nicht aus. Daher ist es die logische Konsequenz, dass das Vertragsverhältnis weiterbesteht."
 
Ebenso hat das OLG das Recht des Handelsvertreters auf einen sogenannten Buchauszug bestätigt. Damit könne der Vermittler überprüfen, ob die erteilte Provisionsabrechnung richtig und vollständig ist – und zwar im Hinblick auf jedes einzelne provisionspflichtige Geschäft. Dagegen hatte die Gesellschaft Berufung eingelegt. "Auch diese Meinung des Senats versetzt den Handelsvertreter gegenüber der Gesellschaft in eine bessere Position. Etwaige Ansprüche, auch im Sinne des Handelsvertreterausgleichs, können dann wesentlich besser berechnet werden, sodass dem Handelsvertreter keine Nachteile entstehen", betont Anwalt Banerjee. (jb)