Am 23. Oktober war es dann doch soweit: Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat seinen ersten Entwurf zur Anpassung der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) veröffentlicht. Kenner des politischen Betriebs in Berlin hatten eigentlich damit gerechnet, dass es durchaus noch einige Wochen dauern könnte, bis das Ministerium von sich hören lässt. Allerdings darf man wohl davon ausgehen, dass die Verordnung nicht bis zum offiziellen Start der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD beschlossen ist. Möglicherweise verschiebt sich diese aber ohnehin.

Rechtsanwalt Jens Reichow von der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow hat die wichtigsten Änderungen für Versicherungsvermittler im folgenden Beitrag prägnant zusammengefasst. (jb)


Die Erbringung der Weiterbildungsverpflichtung: Paragraf 7 VersVermV-E regelt die Erbringung der Weiterbildungsverpflichtung der Versicherungsvermittler. Die Weiterbildung muss der Komplexität der Tätigkeiten des Verpflichteten entsprechen und die Aufrechterhaltung eines angemessenen Leistungsniveaus gewährleisten. Dies ist tatsächlich sehr weitreichend und dürfte zu einer gänzlichen Änderung der bisherigen Vermittlerfortbildungen führen. Insbesondere bisher noch weit verbreitete Produktschulungen dürften damit nicht mehr zur Weiterbildung geeignet sein.

Die wichtigste Neuerung ist dabei, dass der Vermittler nicht nur zur Fortbildung verpflichtet wird, sondern es auch eine Leistungskontrolle geben soll.

Vermeidung von Interessenskonflikte
Schwerwiegend ist vor allem die Verpflichtung zur Vermeidung von Interessenskonflikten nach Paragraf 14 Absatz 2 VersVermV. Dieser lautet wie folgt: "Der Gewerbetreibende darf seine Beschäftigten nicht in einer Weise vergüten oder bewerten, die mit ihrer Pflicht, im bestmöglichen Interesse der Versicherungsnehmer zu handeln, kollidiert. Der Gewerbetreibende darf keine Vorkehrungen durch die Vergütung, Verkaufsziele oder in anderer Weise treffen, durch die Anreize für ihn selbst oder seine Angestellten geschaffen werden könnten, einem Versicherungsnehmer ein bestimmtes Versicherungsprodukt zu empfehlen, obwohl er ein anderes, den Bedürfnissen des Versicherungsnehmers besser entsprechendes Versicherungsprodukt anbieten könnte."

Von dieser Regelung sind gerade strukturierte Vertriebe, insbesondere Maklerpools betroffen. Bislang sehen Kooperationsvereinbarungen solcher Vertriebe oftmals unterschiedliche Courtage- und Provisionssätze je nach Produkt vor. Dadurch werden grundsätzlich einzelne Produkte innerhalb des Vertriebssystems bevorzugt. Es besteht daher die Gefahr, dass Untervermittler – etwa Handelsvertreter, Untermakler – geneigt sind, höher provisionierte Produkte zu empfehlen. Dies würde mit dem Interesse des Versicherungsnehmers kollidieren. Daher sind entsprechende Vergütungsvereinbarungen anzupassen.

Besondere Verpflichtungen bei Versicherungsanlageprodukten
Verschärft werden nach Paragraf 19 VersVermV auch die Regelungen zu Versicherungsanlageprodukten. Soweit der Versicherungsvermittler Zuwendungen von Dritten wie Courtagen und Provisionen erhält, so muss er dafür Sorge tragen, dass die Zuwendung sich nicht nachteilig auf die Qualität der Vermittlung auswirkt und nicht die Verpflichtung des Vermittlers beeinträchtigt, im besten Interesse des Versicherungsnehmers ehrlich, redlich und professionell im Sinne des Paragrafen 1a Absatz 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes zu handeln. Die Verpflichtung nach Paragraf 19 VersVermV-E geht also deutlich über die allgemeine Regelung des Paragrafen 14 Absatz 2 VersVermV-E hinaus.

Fazit
Der Referentenentwurf zur Anpassung der VersVermV ist sehr weitreichend. Gerade im Bereich der Weiterbildungsmaßnahmen geht er deutlich über das vom Gesetzgeber vorgesehene Maß hinaus. Es bleibt daher zu hoffen, dass – wie auch beim Gesetzgebungsverfahren selbst – im Rahmen des Verordnungsverfahrens der Entwurf nochmals deutlich verändert wird.