Erst sollte es zügig gehen, dann geriet das Projekt in Verzug – und nun kommt wieder Bewegung in die Sache: Das Bundeskabinett hat am Mittwoch (11. März 2020) den Entwurf eines Gesetzes zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater auf die Bafin beschlossen.

Der Beschluss kommt überraschend schnell. Erst Mitte Februar war das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Großprojekt plötzlich ins Trudeln geraten. Ursprünglich hätte sich das Bundeskabinett bereits am 19. Februar 2020 mit dem geplanten Aufsichtswechsel beschäftigen sollen. Der Termin wurde jedoch nicht gehalten, da der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Brodesser auf der Plenarsitzung des Deutschen Bundetages am 12. Februar deutlich gemacht hatte, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stehe nicht mehr geschlossen hinter den aktuellen Plänen. 

Vorhaben noch einmal diskutieren
Zudem hatte er Alternativvorschläge für eine Übertragung der Aufsicht gemacht. Die Union wolle über die im Referentenentwurf des SPD-geführten Bundesfinanzministeriums (BMF) festgeschriebenen Maßnahmen und Schritte noch einmal mit dem Koalitionspartner und den anderen im Bundestag vertretenen Parteien diskutieren.

Zu einer langen Diskussion ist es offenbar nicht gekommen, wie der Beschluss des Bundeskabinetts zeigt. So herrscht in der großen Koalition denn auch weiter Uneinigkeit darüber, wie der Aufsichtswechsel aussehen soll. Brodesser und die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann, erklären in einer gemeinsamen Pressemitteilung: "Als Union nehmen wir die von verschiedenen Seiten an uns herangetragenen Kritikpunkte sehr ernst. Daher werden wir mit unserem Koalitionspartner in den jetzt anstehenden parlamentarischen Beratungen eine praxistaugliche Lösung suchen."

Kritik vom Normenkontrollrat
Zuletzt habe der Nationale Normenkontrollrat (NKR) das Vorhaben heftig bemängelt, heißt es in der Erklärung weiter. Demnach sei die Notwendigkeit der geplanten Aufsichtsübertragung nicht erkennbar. Die mit dem Vorhaben verbundenen Kosten seien zum Teil nicht methodengerecht ermittelt und nachvollziehbar dargestellt. "Dies deckt sich mit der Kritik der Fachverbände, wonach die Angaben des BMF bezüglich der auf die Vermittler umzulegenden Kosten zu tief angesetzt seien", schreiben Brodesser und Tillmann.

Harsche Kritik übt auch der Branchenverband Votum. "Die Verabschiedung dieses Gesetzes wirft tatsächlich ein bedenkliches Licht auf das aktuelle Regierungshandeln", erklärt der geschäftsführende Vorstand Martin Klein. Gerade in der aktuellen Corona-Krise wäre zu erwarten gewesen, dass sämtliche Gesetzgebungsvorhaben, die die Wirtschaft mit zusätzlichen Bürokratiekosten belasten, auf den Prüfstand gestellt werden. Doch das sei nicht passiert.

Verbraucherschützer und Deutsche Kreditwirtschaft erfreut
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) und die Verbände der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) hingegen begrüßen in ungewohnter Einigkeit den Beschluss des Bundeskabinetts für eine "bessere Finanzaufsicht". "Es ist gut, dass die Bundesregierung den Koalitionsvertrag wie geplant umsetzt", erklärt VZBV-Vorstand Klaus Müller in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Eine einheitliche Bafin-Aufsicht über den Finanzvertrieb sei seit Jahren überfällig. "Finanzvertriebe müssen von unabhängigen Behörden überwacht werden, nicht von ihrer eigenen Interessenvertretung", so Müller.

In den parlamentarischen Verhandlungen müssen die Koalitionspartner nun zügig eine gemeinsame Linie finden, wenn der aktuelle Zeitplan gehalten werden soll. Vorgesehen ist, den Gesetzentwurf bis zur politischen Sommerpause im Bundestag zu verabschieden, damit die Aufsicht am 1. Januar 2021 auf die Bafin übergehen kann. (am)