Früher bezogen viele Asset Manager das Research von Investmentbanken praktisch frei Haus. Die Institute finanzierten die Analysen mit den Einnahmen aus den Handelsaufträgen ihrer Kunden. Mit dem Inkrafttreten der Finanzmarktrichtlinie Mifid II Anfang 2018 war mit dieser gängigen Praxis Schluss. Für jedes Researchpapier musste eine Rechnung ausgestellt werden. Die Mehrheit der Asset Manager entschied sich, die Kosten für Analysen auf die eigene Bilanz zu nehmen und nicht den Fondsvermögen und damit den Kunden anzulasten.

Doch das Verbot der Verquickung von Research und Orders steht nun ausgerechnet in dem Land auf der Kippe, dass die Neuordnung der Landschaft maßgeblich vorangetrieben hatte: Großbritannien. Nach dem Austritt aus der Europäischen Union überprüfte der Inselstaat seine Kapitalmarktregeln. Finanzminister Jeremy Hunt legte nun ein Papier mit Entwürfen vor, um die durch den Brexit geschwächte Finanzbranche des Landes wieder aufzupäppeln.

Rückkehr in die alte Welt
Ein Vorschlag: Die Verquickung von Analysen und Handelsaufträgen wieder zuzulassen. Dies berichten übereinstimmend der Branchendienst "Financial News" und die Nachrichtenagentur "Bloomberg". Das Königreich hatte an dem Verbot ohnehin schon gesägt. Die Verknüpfung von Analysen mit Handelsaufträgen im Anleihenbereich hatte London bereits wieder freigegeben. Das Argument der Briten: Das Researchangebot habe zu stark nachgelassen. Früher hatte es noch von der Insel geheißen, die Verquickung führe zu Analysen, die rein vom Marketing getrieben seien.

Doch auch in der Europäischen Union geht der Vorschlag um, mehr oder weniger zu dem alten Modell zurückzukehren. Die Mitgliedstaaten haben "Bloomberg" zufolge im Juni dem EU-Parlament mehrere Reformentwürfe für Mifid unterbreitet, darunter eben auch eine Umkehr bei den Researchkosten. Die Asset Manager sollen den Vorschlägen zufolge künftig nur noch ihren Kunden mitteilen müssen, ob sie Handelsorder und Analysen als Paket beziehen. Die Kosten sollen dann zwar einzeln aufgeschlüsselt werden, müssen aber nicht mehr gesondert beglichen werden.

Ausgang offen
Auch die EU hatte sich von dem strikten Verknüpfungsverbot bereits abgewendet. 2021 hatte die Staatengemeinschaft die Vermischung des Research für Aktien mit einer Marktkapitalisierung von weniger als eine Milliarde Euro mit Handelsaufträgen wieder zugelassen. Gerade bei Nebenwerten hatten Beobachter und Marktteilnehmer eine schlechtere Abdeckung durch Studien beklagt. So hatten 2020 der deutsche Branchenverband BVI und sein französisches Pendant AFG auf eine Regeländerung gedrängt, nicht jedoch der britische Verband.

Ob die völlige Abkehr von der bisherigen Linie tatsächlich erfolgt, ist aber noch offen. Auch ein konkreter Zeitplan steht nicht fest. Zudem zweifeln Marktteilnehmer, wie schnell eine Wende das Geschäft verändert – und ob überhaupt. "Angesichts der strukturellen Veränderungen, die die europäischen Banken im Rahmen der Entflechtung vornehmen mussten, könnte sich die Umkehrung dieser Prozesse nun als schwierig erweisen", zitiert "Bloomberg" Simon Ballard, Chefvolkswirt der First Abu Dhabi Bank. (ert)