Bafin-Präsident Mark Branson hat die Taxonomieverordnung der Europäischen Kommission  kritisiert: "Es gibt viel gut gemeinte Regulierung, die das Ziel verfehlt hat und uns teilweise in eine Sackgasse gebracht hat. Da müssen wir wieder raus", sagte Branson am Montag (13.11.) laut "Handelsblatt" auf der Branchenkonferenz "Euro Finance Week" in Frankfurt. Die Frage, wie die Transformation der Wirtschaft zur Klimaneutralität finanziert werde, sei wichtiger als die Frage, wie man jede Aktivität der Menschheit kategorisiere.

"Ich denke, die Taxonomie war gut gemeint, aber sie ist nicht der Weg zum Ziel", wird Branson von der Zeitung zitiert. Eigentlich solle sie dabei helfen, die Umweltkrise in den Griff zu bekommen. Doch sie "kreiert vielmehr Geld für Beratungsunternehmen in diesem Bereich", monierte der Bafin-Chef. Sein Fazit: Die Mischung von Umweltpolitik und Finanzmarktregulierung sei nicht gelungen, schreibt das "Handelsblatt".

Klassifizierung
Die Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltiges Wirtschaften. Der Geschäftszweig eines Unternehmens gilt als "grün" und damit auch für nachhaltig orientierte Investoren als interessant, wenn er zu einem von insgesamt sechs ökologischen Zielen beiträgt: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, Schutz gesunder Ökosysteme. Für die ersten beiden Ziele – Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel – hat Brüssel auch bereits die delegierten Rechtsakte mit den Umsetzungsdetails verabschiedet.

Das Vorgehen von Brüssel wird von vielen Vertretern der Finanzbranche kritisiert, unter anderem weil es bislang nur bestimmte, besonders energiereiche Wirtschaftszweige erfasst und so viele Branchen außen vor lässt. Ein weiterer Kritikpunkt: Das EU-Regelwerk berücksichtige nicht die Finanzierung von Investitionen, die die Klimabilanz eines Unternehmens zumindest verbessern, so die Zeitung. Zudem sind die Vorschriften sehr detailliert und komplex, ebenso die Regeln für Reports von Unternehmen, die angeben müssen, wie und in welchem Ausmaß ihre Wirtschaftsaktivitäten auf Grundlage der Taxonomieverordnung Nachhaltigkeitsziele berücksichtigen.  

Zu viel Regulierung
Die Regulierung von Nachhaltigkeit, die unter dem Kürzel ESG (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) zusammengefasst wird, ist Branson zufolge aber nur ein Bereich, der aus seiner Sicht zu kompliziert geworden ist. "Ich bin generell der Meinung, dass die Komplexität unserer Regulierung insbesondere in Europa mit dieser sehr, sehr schweren Regulierungsmaschinerie seine Grenzen erreicht hat", zitiert ihn das "Handelsblatt".

Die Worte von Branson wiederum lobt der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW, der sich stets kritisch zur Taxonomie geäußert hatte: "Dass wir hier – leider! – klar ein Scheitern der regulatorischen Intention erleben, dürfte unstreitig sein. Es ist ein wichtiger Schritt, dass sich nun auch die Bafin deutlich für neues Denken und bessere Lösungen einsetzt", sagt Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW. (jb)