Die Entscheidung dürfte für ein erstes Aufatmen in der Finanzbranche sorgen: Der Währungs- und Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments (ECON) hat am Mittwochabend (20.3.) über die geplante Kleinanlegerstrategie von EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness abgestimmt – und sich gegen ein partielles Provisionsverbot im beratungsfreien Geschäft ausgesprochen. Auch das von der EU-Kommission vorgeschlagene Benchmarkingverfahren für Finanzprodukte lehnt der ECON ab.

Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatte die im Parlament zuständige Berichterstatterin Stéphanie Yon-Courtin den Entwurf für eine EU-Kleinanlegerstrategie in Teilen kritisiert. Das anvisierte partielle Zuwendungsverbot würde Interessenkonflikte nicht beheben, sondern lediglich den Weg für ein späteres vollständiges Provisionsverbot bereiten, schrieb sie in einer Stellungnahme.

Gegen eine Kostenmesslatte
Gegen den Plan eines Benchmarkingverfahrens sprach sich Yon-Courtin ebenfalls aus. Dieser sieht vor, dass die EU-Regulierungsbehörden ESMA und EIOPA künftig spezielle Benchmarks entwickeln sollen, die einen üblichen Preis für bestimmte Gruppen von Finanzprodukten erkennen lassen sollen. Zwar sollen Anbieter auch höhere Gebühren verlangen dürfen, müssten dies aber begründen. Gegen eine solche Kostenmesslatte hat sich nun auch der ECON ausgesprochen.

In der Fondsbranche kommt das Abstimmungsergebnis gut an. "Der ECON hat die richtige Entscheidung getroffen", sagt Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI. Die Kommission würde mit einem Provisionsverbot ihre Ziele nicht erreichen und den Kleinanlegern schaden, ist er überzeugt. "Dieser Beschluss ermöglicht es Anlegern, zwischen verschiedenen Beratungsmodellen frei zu wählen", so Richter. 

Benchmarking ginge zu Lasten der Produktqualität
Zudem sei es gut, dass der ECON beim geplanten Benchmarking für den Vertrieb die einseitige Fixierung auf die Kosten ablehnt. "Denn diese ginge zu Lasten von Produktqualität und Innovation. Für Sparer sind die erwartete Rendite und die Qualität eines Produktes genauso wichtig wie die Gebühren", erklärt der BVI-Hauptgeschäftsführer.

Auch der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung mit Sitz in Berlin zeigt sich zufrieden. Der Verband hatte am ursprünglichen Entwurf der Kommission unter anderem kritisiert, Versicherungsmakler dürften für die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten keine Provision mehr erhalten. Der AfW begrüßt es daher, dass auf Initiative der beiden deutschen CSU-EU-Abgeordneten Markus Ferber und Ralf Seekatz in die Kleinanlegerstrategie ein Absatz aufgenommen werden soll, der dies verhindert.

Verbraucherschützer üben Kritik
Kritik regt sich indes bei den deutschen Verbraucherschützern. "Mit diesem Beschluss bleibt vom ursprünglich angedachten Verbraucherschutz de facto nichts mehr übrig", konstatiert Dorothea Mohn, Leiterin Finanzmarkt beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Anleger wünschten sich eine unabhängige Beratung, die ohne finanzielles Einzelinteresse der Berater auskommt. "Stattdessen können Beraterinnen und Berater im Provisionsvertrieb weiter die überteuerten und unpassenden Produkte verkaufen, die ihnen die meiste Provision einbringen", kritisiert Mohn.

Noch sind das partielle Provisionsverbot und das Produkt-Benchmarking aber nicht vom Tisch. Das EU-Parlament soll im April über die Änderungsvorschläge entscheiden. Parallel dazu erarbeitet der EU-Rat seine Position. Nach der Europawahl im Juni wird klar sein, ob die bisherigen Berichterstatter erneut ins Parlament gewählt wurden und ob sie mit der Kleinanlegerstrategie auch wieder beauftragt werden. Erst danach werden die Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Parlament und Rat beginnen. (am)