Lange dauert es nicht mehr: Die EU-Finanzmarktrichtlinie, in Deutschland umgesetzt durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz (2. Fimanog), tritt am 3. Januar 2018 in Kraft. Die überarbeitete Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV), die regelt, welche neuen Pflichten auf freie Vermittler mit einer Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) zukommen, wird bis zu diesem Datum mit hoher Wahrscheinlichkeit jedoch noch nicht vorliegen. Schließlich hat das Bundeswirtschaftsministerium bisher noch nicht einmal einen Entwurf für die Verordnung veröffentlicht.

Bis die endgültige Verordnung verabschiedet wird, könnte es leicht März werden, glauben Experten (lesen Sie hierzu auch den Kommentar von FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch). Von all den neuen Vorschriften, die ab Anfang 2018 für Anlageberater in Banken gelten, bleiben Finanzanlagenvermittler zumindest aufsichtsrechtlich vorerst also völlig unbehelligt. Auf den ersten Blick scheint dies eine komfortable Situation zu sein. Doch das ist ganz und gar nicht so, erklärt Georg Kornmayer, Geschäftsführer des Maklerpools Fondsnet aus Erftstadt bei Köln, im Interview mit FONDS professionell ONLINE.


Herr Kornmayer, derzeit geht in der Branche kaum noch jemand davon aus, dass die Finanzanlagenvermittlungsverordnung, kurz: FinVermV, pünktlich zum Start von Mifid II am 3. Januar 2018 vorliegen wird. Im Grunde gewährt die Verzögerung Vermittlern eine Übergangszeit, in der sie noch nach den bisher gültigen Regeln arbeiten dürfen. Das ist doch eigentlich ganz praktisch, oder?

Georg Kornmayer: Das würde ich nicht sagen. Mifid II sowie das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz führen unter anderem die Product Governance ein. Damit müssen Produktgeber für jedes Anlageprodukt einen Zielmarkt definieren. Ein Vermittler soll Produkte dann grundsätzlich nur innerhalb der Grenzen des jeweiligen Zielmarktes verkaufen oder bei der Beratung ausreichend begründen, warum er gegen eine Zielmarktdefinition verstößt. Natürlich wissen wir heute noch nicht, welche Mifid-II-Vorgaben im Zuge der Novellierung der FinVermV künftig tatsächlich auch für Finanzanlagenvermittler gelten werden. Ich halte es jedoch für heikel, wenn freie Vermittler in dieser Übergangszeit Fonds vertreiben, ohne die Zielmarktdefinition zu beachten, weil sie es rein rechtlich gesehen nicht müssen. Wenn etwa eine Gesellschaft ihr Produkt als "nicht für Privatkunden geeignet" deklariert, kann man durchaus argumentieren, dass ein Vermittler im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht diesen Aspekt zu berücksichtigen hat. Solche Fälle könnten später Haftungsfragen aufwerfen.

Wenn Vermittler keinen Zielmarktabgleich vorlegen, keine Geeignetheitsprüfung vornehmen oder keine Tapings erstellen, können sie künftig eigentlich auch keine Fonds bei Fondsplattformen mehr beziehen, oder?

Kornmayer: Die Fondsplattformen werden ab 3. Januar 2018 in der Mifid II-Welt operieren –  daran führt kein Weg vorbei. Ab diesem Zeitpunkt sind sie auf den gesetzeskonformen Zielmarktabgleich, die Geeignetheitserklärung und alle sonstigen Mifid-II-Regeln angewiesen. Ihre laufenden Verträge mit den Maklerpools haben viele Plattformen in den vergangenen Wochen dahingehend einseitig anpassen wollen. Ein Vermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f GewO ist jedoch nicht als Vertreter für die Depotbank tätig, weshalb für ihn diese Mifid-II-Regeln nicht unmittelbar gelten. Das Verhältnis zwischen Depotbank und Anleger beschränkt sich auf die Depotverwaltung und die Orderausführung. Das verkennen einige Depotstellen Stand heute.

Was heißt das genau?

Kornmayer: Das heißt, sie möchten die Pflichten zur Einhaltung der Mifid-II-Vorgaben auf die Vermittler übertragen. Dabei stellen sich die Plattformen auf den Standpunkt, ab Anfang 2018 eine Order entweder abzuweisen oder die Auszahlung von Provisionen zu stoppen. Beide Ansichten teilen wir bei Fondsnet nicht und stehen mit unserer Auffassung offensichtlich nicht alleine da. Denn es gibt auch Plattformen, die ihre Poolverträge bereits aufgeweicht haben oder überhaupt keinen Nachtrag zu den bestehenden Verträgen einfordern, solange die überarbeitete FinVermV noch nicht veröffentlicht ist. Es scheint also auch innerhalb der Plattformwelt sehr unterschiedliche Auffassungen über das Weiterreichen der Mifid-II-Pflichten zu geben.

Auch für Maklerpools eine unangenehme Situation.

Kornmayer: Ja, obwohl es "unnötig" besser trifft. Zumal einige Plattformen schon in der Vergangenheit der Ansicht waren, sie könnten ihre Pflichten im Zuge von Mifid I einfach an die Pools und Vermittler delegieren, sich selbst aber – soweit es geht – auf den reinen Ausführungsstatus zurückzuziehen. Die Mifid-II-Richtlinie wendet sich explizit an die KWG-Finanzdienstleistungsinstitute und nicht an 34f-Vermittler. Mit der Bereichsausnahme für Finanzanlagenvermittler ist die Vorgehensweise der Plattformen nicht vereinbar, denn die Vermittler handeln nicht als Vertreter der Bank. Die Lage ist durch die rechtliche Hängepartie natürlich kompliziert, entsprechend herrscht auf allen Seiten Unsicherheit und ein reger Austausch – insbesondere unter den Maklerpools.

Zumindest ist es eine vorübergehende Situation.

Kornmayer: Schon, dennoch müssen die neuen Regeln mit dem noch alten gültigen Recht irgendwie vereinbart werden. Ein schwieriges Unterfangen, zumal man den Aufwand lediglich für eine absehbare Zeitspanne betreibt. Bis die FinVermV final vorliegt, arbeiten wir sozusagen unter "Mifid 1,5" mit zwei Systemen – rechtlich und IT-seitig. Die Sache ist für alle Beteiligten unerfreulich und nicht zuletzt für uns mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden. Wichtiger ist jedoch: Wir sind vorbereitet und haben Stand heute erfolgreich alle Mifid-II-Anforderungen in unsere Systeme implementiert.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)


Einen vollständigen Artikel darüber, was es für Vermittler bedeutet, wenn die Finanzanlagenvermittlungsverordnung und die Versicherungsvermittlungsverordnung zum Start von Mifid II und der EU-Versicherungsrichtlinie IDD noch nicht vorliegen, finden Sie in Heftausgabe 4/2017 von FONDS professionell. Angemeldete KLUB-Mitglieder finden den Artikel auch hier im E-Magazin.