Mifid II ist de facto gerade einmal eine Woche alt, und die für die Implementierung verantwortlichen Regulatoren erleben bereits ihre erstes Waterloo – noch dazu bei einem ihrer Kernanliegen: Nämlich, die Finanzmärkte durch eine Begrenzung des Dark-Pool-Tradings transparenter zu gestalten. Die European Securities and Markets Authority (ESMA) hat jetzt zugeben müssen, dass eines der Schlüsselinstrumente, das sogenannte "Double Volume Cap (DVC)"-Datenset, vorerst nicht zum Einsatz kommen kann.

Mit den DVC-Daten wollte die ESMA erstmals detailliert ausloten, welche Aktien und Finanzprodukte in welchem Volumen in welchem der berüchtigten Dark Pools gehandelt werden. Die Statistiken hätten eigentlich Ende der laufenden Woche zur Verfügung stehen sollen. Daraus wollte die Behörde errechnen, welche Papier in welchem Ausmaß in einem Zeitraum von zwölf Monaten über besagte Plattformen den Besitzer wechselten.

Alle Papiere, deren Dark-Pool-Transaktionensvolumina acht Prozent der insgesamt – also auch an regulierten Märkten – gehandelten Menge überschreiten, wären für zumindest acht Monate aus diesen opaken Segmenten verbannt worden. So theoretisch, so gut.

Gereizte Behörde
Der Denkfehler: Die ESMA war stillschweigend davon ausgegangen, Daten über rund 30.000 verschiedene Finanzinstrumente von den Poolbetreibern zu erhalten und am 12. Januar mit der Publikation und allenfalls der Verbannung betroffener Papiere beginnen zu können. Komplettes Zahlenmaterial erhielt die Behörde aber nur über 650 Produkte. Das entspricht einer Erfüllungsquote "von rund zwei Prozent", wie die Aufsicht in einer Aussendung mit bemerkenswert gereiztem Unterton bekannt gab.

Des weiteren weist die ESMA darauf hin, dass man die "IT-Syteme zur Einreichung der Daten am 16. Oktober 2017 fertig gestellt und für die Anwender geöffnet habe" und fährt für alle, die nach Meinung der ESMA offenbar nicht addieren können, fort: "Das war mehr als zwei Monate, bevor MifID II/Mifir anzuwenden war."

ESMA knickt ein
Die kleinlaute Konsequenz: Aufgrund der geringen Datenmenge kann die ESMA keine sinnvollen Berechnungen durchführen. Das führt dazu, dass die Deadline zur Einreichung und anschließenden Veröffentlichung der DVC-Daten anstandslos vom 12. Januar auf den März – einen genauen Stichtag gibt es bemerkenswerterweise nicht – verschoben wurde. Bis dahin geht das Dark-Pool-Trading also wie gehabt und ohne Einschränkungen weiter. Erste Reaktionen aus dem Europäischen Parlament schwanken zwischen "überrascht" und "enttäuscht". (hw)