Die Richtlinie Mifid II stellt Finanzanlagenvermittler und auch Fondsgesellschaften vor erhebliche Herausforderungen. Als Geschäftsführer des Frankfurter Unternehmens Patriarch Multi-Manager kennt Dirk Fischer die Hürden, die die neuen Regeln für Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) mit sich bringen. Ebenso weiß er um die neuen Anforderungen an den Vertrieb. Denn Patriarch Multi-Manager konstruiert Produkte für den Vermögensaufbau und organisiert den Vertrieb. Gemanagt werden sie aber von Fondsgesellschaften, mit denen Fischer in engem Kontakt steht. FONDS professionell ONLINE sprach mit ihm über seine größten Bedenken in Bezug auf Mifid II und den Referentenentwurf der Bundesregierung.

Herr Fischer, unter dem Regime von Mifid II dürfen Finanzdienstleister Provisionen nur noch vereinnahmen, wenn sie diese dafür einsetzen, die Qualität der Dienstleistung für ihre Kunden zu erhöhen. Wird das viel zusätzliche Arbeit bringen?

Dirk Fischer: Natürlich, immerhin muss man sich erst einmal überlegen, welche Aktivitäten man schon anbietet oder künftig zusätzlich anbieten kann, um die Servicequalität zu erhöhen. Dann muss man die Aufgaben verteilen, und schließlich müssen diese Zusatzleistungen regelmäßig und nachweislich erbracht werden. Wenn man für die Kunden zum Beispiel ein Online-Login zu ihren Depots bereitstellen möchte, dann muss das entwickelt werden. Oder wenn ein vierteljährliches Reporting angeboten werden soll, muss es erst einmal aufgesetzt und dann regelmäßig erstellt werden. Hinzu kommt, dass wir künftig ohnehin jedes Jahr allen Kunden gegenüber die verdienten Gesamtprovisionen ausweisen müssen. Aber die neuen Regelungen für die Vereinnahmung von Provisionen sind bei Weitem nicht das einzige Problem.

Sondern?

Fischer: Was wie ein Damoklesschwert über der Branche der Finanzanlagenvermittler hängt, ist das Thema Taping. Wenn das wirklich so umgesetzt wird, wie es jetzt im Referentenentwurf steht, dann ist das zumindest für den Einzelkämpfer fast ein Todesurteil. Unser Unternehmen hat zum Beispiel fünf Mitarbeiter. Unser zentrales Büro befindet sich in Frankfurt, wir haben noch drei Homeoffice-Arbeitsplätze. Aber wir sind alle ständig unterwegs und beraten daher viel über Smartphone. Künftig müssen wir alle Passagen aus einem Beratungsgespräch, die möglicherweise zu einer Order führen, aufnehmen. Nun möchte ich mal wissen, wie ich das mit dem Smartphone machen soll. Es gibt meines Wissens keine App, mit der man gleichzeitig telefonieren und das Gespräch aufzeichnen kann.

Solche Apps werden sicher noch entwickelt.

Fischer: Möglich, aber selbst wenn es eine solche Anwendung gäbe, wäre es kompliziert. Ich weiß schließlich nicht, ob es am Ende zu einer Order kommt, und welche Gesprächspassagen möglicherweise dafür ausschlaggebend sein könnten. Also muss ich das Band eigentlich die ganze Zeit laufen lassen. Meine Kunden erzählen mir aber auch private Dinge. Diese darf ich aus Gründen des Datenschutzes nicht aufnehmen, also müsste ich dauernd ein- und ausschalten. Das ist mit dem Smartphone aber erst recht unmöglich.

Die Fondsgesellschaften halten sich mit Kommentaren zu Mifid II derzeit abwartend zurück. Was belastet sie Ihrer Kenntnis nach am meisten?

Fischer: Die Product Governance ist für die KVGs und den Vertrieb eine große Aufgabe. Die Gesellschaften sollen Zielmärkte definieren. Der Vertrieb muss die Produkte, die er im Portfolio hat, den richtigen Zielkunden zuordnen. Das allein ist schon aufwendig. Aber das große Problem besteht darin, dass bisher niemand weiß, wie diese Zielmärkte und -gruppen zu definieren sind. Im Moment schielen die Fondshäuser zu den Vertrieben, um herauszufinden, wie diese ihre Kunden kategorisieren – und umgekehrt. Die Product Governance lässt noch jede Menge Fragen offen. Und die ganze Regulierung führt dazu, dass wir immer mehr Zeit mit Verwaltungsarbeit verbringen und immer weniger für unseren eigentlichen Job zur Verfügung haben – die Beratung unserer Kunden.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)


Einen ausführlichen Bericht, der die wichtigsten Punkte von Mifid II und die wesentlichen Aspekte des aktuellen Referentenentwurfs für das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz (Fimanog) zusammenfasst, lesen Sie in der soeben erschienenen Heftausgabe 4/2016. Angemeldete FONDS professionell KLUB-Mitglieder können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.