Das Europäische Parlament hat Dienstagabend über die Novellierung der Finanzmarktrichtlinie MiFID abgestimmt. Der Kompromiss, ausgehandelt von Vertretern des Europäischen Parlaments, des Rates und der EU-Kommission ("Trilog"), wurde mit 574 Stimmen zu 24 Gegenstimmen und 34 Enthaltungen angenommen. Die wichtigste Botschaft vorweg: Ein generelles europaweites Provisionsverbot, wie noch vor Weihnachten von interessierter Seite kolportiert wurde, wird es nicht geben. 

Allerdings wird es in dieser Frage eine klare Unterscheidung zwischen unabhängiger und nicht-unabhängiger Beratung geben, wie aus Artikel 23 der Richtlinie hervorgeht. Das bedeutet, dass "unabhängige" Beratung in Zukunft provisionsfrei bzw. gegen Honorar durchzuführen ist. Beratung bei einer eingeschränkten Auswahl von Produkten darf hingegen weiter gegen Provision stattfinden. Wie die Abgrenzung der beiden Modelle im Detail aussieht, ist in weiteren Verhandlungen zu klären, sagte Johannes Muschik, Chairman des österreichischen Finanzberater-Verbandes AFPA. Berater müssen ihre Kunden jedenfalls vorab informieren, ob sie unabhängig oder eingeschränkt agieren und wie sie vergütet werden.

Provisionsoffenlegung durch Total Cost Disclosure ersetzt
Eine gute Nachricht für Österreichs Vermittler gibt es laut Muschik in Hinblick auf die Offenlegung von Provisionen, die ebenfalls ursprünglich vorgesehen war. Die isolierte Provisionsoffenlegung wurde auf Hinweis der Interessenverbände durch eine Offenlegung der Gesamtkosten inklusive Beratung ("Total Cost Disclosure") umgewandelt. Diese Neuregelung findet sich ebenfalls in Artikel 23 des Reglements. Muschik dazu gegenüber FONDS professionell ONLINE: "Konsumenten können jetzt auf einen Blick erkennen, welche Kosten anfallen, und auch für die Berater wird es einfacher, Produkte zu vergleichen. Die befürchtete 'Neiddebatte' mit dem Kunden über die Vergütung findet nicht statt." In Deutschland sind Bankmitarbeiter und gewerbliche Finanzanlagenvermittler ohnehin schon dazu verpflichtet, ihre Provisionen offenzulegen. Daran wird die MiFID-Novelle wohl nichts ändern.

Aus Anlegersicht positiv bewertet Muschik die Regelung, wonach die anfallenden Kosten hochgerechnet werden müssen, um die Auswirkungen auf den Ertrag zu dokumentieren. Konsumenten könnten damit gut nachvollziehen, wie sich die Gebühren auf ihr Endergebnis auswirken werden. Diese Hochrechnung sei mindestens einmal pro Jahr zu aktualisieren, etwa im Rahmen regelmäßiger Anlegerinformationen. Ebenfalls neu ist die Vorgabe, wonach Wertpapierfirmen in Zukunft eine "Vergütungspolitik" für ihre Berater ausarbeiten müssen. Die Höhe der Entlohnung darf sich dabei nicht mehr allein an Verkaufserfolgen bemessen, um Interessenskonflikte zu minimieren.

Richtlinie muss binnen zweieinhalb Jahren umgesetzt sein
Die Regeln müssen vom Europäischen Rat noch formal abgesegnet und dann von den EU-Mitgliedstaaten binnen 30 Monaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die EU lässt den Mitgliedstaaten dabei etwas Spielraum. Denn theoretisch dürfen sie Teile der MiFID II, etwa die Trennung zwischen unabhängiger und eingeschränkter Beratung, strenger auslegen, als dies die Richtlinie vorsieht. In der Praxis dürfte das allerdings nicht so einfach möglich sein, glaubt Muschik. (dw)