Die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II greift tief in die Abläufe von Wertpapierdienstleistern wie Banken und Vermögensverwaltern ein. Ein Bereich, dem die Branche bisher kaum Aufmerksamkeit geschenkt hatte, sind die erhöhten Anforderungen an die Sachkunde und die Fortbildung von Mitarbeitern. Das erklärte Nero Knapp, geschäftsführender Justiziar des Verbandes unabhängiger Vermögensverwalter (VuV), gegenüber FONDS professionell ONLINE.

Der Sachkundenachweis ist nicht grundsätzlich neu. Seit 2012 müssen Anlageberater sowie Compliance- und Vertriebsbeauftragte die für sie bei der Berufsausübung notwendigen Kenntnisse der Finanzaufsicht Bafin anzeigen und in einem Register nachweisen. Neu ist Knapp zufolge ab Anfang 2018 aber, dass auch Finanzportfolioverwalter sowie einfache Vertriebsmitarbeiter von Wertpapierdienstleistern diesen Nachweis erbringen müssen.

Testat des Wirtschaftsprüfers reicht aus
Eine gute Nachricht ist, dass kein verbindlicher Test oder eine Anzeige von Zeugnissen bei einer Behörde vorgeschrieben ist. Die Regularien verlangen nur, dass die Geschäftsleitung die Kenntnisse dieser beiden Mitarbeitergruppen prüft und dies dokumentieren muss. Der Wirtschaftsprüfer muss das jährlich testieren. Ein Eintrag in das genannte Bafin-Register ist für diese beiden Gruppen nicht nötig.

"Allerdings müssen die Kenntnisse den Erfordernissen des jeweiligen Unternehmens entsprechen", so Knapp. Damit entfalle die bisherige "Alte Hasen"-Regel: "Es spielt keine Rolle mehr, wenn jemand 20 Jahre als Finanzportfolioverwalter tätig war oder eine Ausbildung als Bankkaufmann erfolgreich abgeschlossen hat. Er oder sie muss ab kommendem Jahr im Detail gegenüber seinem Unternehmen nachweisen, ob er über die gesetzlich vorgeschriebenen  Kenntnisse für seinen Aufgabenbereich verfügt. Also ob er weiß, wie eine Geeignetheitsprüfung geht oder wie die sonstigen regulatorischen Vorgaben aussehen."

Weiterbildungspflicht für alle
Hinzu kommt eine weitere Neuerung: Die Pflicht zur Fortbildung – für alle fünf genannten Mitarbeitergruppen. "Diese bezieht sich auf zwei Bereiche", weiß Knapp. "Zum einen muss die Person nachweisen, dass sie bei Änderungen der rechtlichen Grundlagen ihres Aufgabenbereiches auf dem Laufenden ist. Zudem muss sie sich über das Dienstleistungs- und Produktangebot der Gesellschaft fortbilden." Aber auch hier gibt es eine gute Nachricht: Eine Mindestzeit wie bei den Versicherungsvermittlern ist nicht vorgeschrieben, ebenso kein offizieller Anbieter. Auch die Fortbildungen müssen im Testat des Wirtschaftsprüfers vermerkt werden.

VuV greift Mitgliedern unter die Arme
Um den Zeit- und Veraltungsaufwand der Betriebe in Grenzen zu halten, hat der VuV für jede der fünf Funktionen ein Standardformular in Form einer Checkliste entworfen. Damit können die Wertpapierdienstleister die Sachkunde ihrer Mitarbeiter so dokumentieren, dass die Wirtschaftsprüfer nicht viel Zeit für die Kontrolle brauchen. Zudem hat der Verband eine Fort- und Weiterbildungseinrichtung gegründet.

Der VuV nehme den Anlegerschutz sehr ernst und begrüße entsprechend im Interesse der Anleger und der Verbandsmitglieder die Sachkundeanforderungen, so Knapp. Ziel sei, praktikable, wirtschaftlich vertretbare Lösungen und Branchenstandards im Sinne der Anleger und Vermögensverwalter sowie der Aufsicht zu definieren. "Passend zu Mifid II handelt der VuV und erweitert mit einer eigenen Akademie nochmals signifikant sein Dienstleistungsangebot für seine Mitglieder und Externe. Er vervollständigt hiermit sein Profil als Branchenverband der Vermögensverwalter im deutschsprachigen Raum", sagt VuV-Vorsitzender Andreas Grünewald. (jb)