Es ist gut ein Jahr her, da entfachte eine Frage eine angeregte Debatte unter Juristen und Steuerexperten: Müssen Banken und Finanzdienstleister nach Inkrafttreten der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II im Januar 2018 möglicherweise Umsatzsteuer auf einen Teil ihrer Provisionen abführen? Nun gibt das Bundesministerium der Finanzen (BMF) auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE grundsätzlich Entwarnung. Aber: Damit der Fiskus am Ende nicht doch eine Steuerpflicht für Bestandsprovisionen erkennt, wird es sehr darauf ankommen, auf welche Art und Weise Beratungsverträge zukünftig gestaltet werden.

Nach aktuellem Recht gilt eine Bestandsprovision, die ein Fondsanbieter an seine Vertriebspartner auszahlt, als nachgelagerte Vermittlungsprovision. Weil die Vermittlung von Finanzprodukten von der Umsatzsteuer befreit ist, fällt derzeit weder auf Abschluss- noch auf Bestandsprovisionen Umsatzsteuer an. Unter Mifid II dürfen Banken und Finanzdienstleister Zuwendungen jedoch nur noch einbehalten, wenn sie dafür verwendet werden, dem Kunden eine qualitätssteigernde Dienstleistung zu bieten.

Nur die reine Vermittlung ist umsatzsteuerfrei
Unter dem Regime von Mifid II dürfen Bestandsprovisionen folglich nicht mehr allein für die Vermittlung eines Finanzproduktes fließen. Von der Umsatzsteuer befreit ist jedoch nur die reine Vermittlung. Daher hatten Juristen wie Christian Waigel, Partner der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte aus München, Mitte 2016 gegenüber FONDS professionell ONLINE erklärt, die Branche müsse sich wohl oder übel darauf einstellen, künftig auf einen Teil der Provisionen Umsatzsteuer zu zahlen.

Andere Rechtsexperten und diverse Steuerfachleute waren hingegen der Auffassung, die rein aufsichtsrechtliche Änderung, die Mifid II mit sich bringt, wirke sich nicht auf das Steuerrecht aus. "Bestandsprovisionen als gestreckte Abschlussprovisionen bleiben umsatzsteuerfrei, wenn sie sich nach wie vor auf die qualitativ bessere Vermittlung beziehen", argumentierte etwa Steuerberater Daniel Ziska von der GPC Tax Unternehmerberatung.

In diese Richtung hat sich nun auch das BMF geäußert. Für die Einordnung der Vermittlungsumsätze aus Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen als steuerfreie Vermittlungsleistungen komme es darauf an, dass durch "die Mittelsperson das Erforderliche getan wird, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen", heißt es beim BMF. Diese Voraussetzungen werden auch unter Mifid II unverändert weiter gelten, teilt das Ministerium mit. Aber: Für die endgültige Beurteilung, ob qualitätssteigernde Dienstleistungen noch unter den Begriff der umsatzsteuerlichen Vermittlungsleistungen fallen, seien die "vertragliche und tatsächliche Ausgestaltung" der Beratungsleistungen entscheidend.

Nur halb auf der sicheren Seite
Damit haben Banken und Finanzdienstleister nun zwar die Sicherheit, dass sie auf Bestandsprovisionen künftig nicht grundsätzlich Umsatzsteuer abführen müssen. Bei der Gestaltung ihrer Beratungsverträge sollten sie aber aufpassen. "Man sollte in einem solchen Vertrag nicht explizit auf die qualitätsverbessernde Dienstleistung hinweisen", rät Anwalt Waigel. Denn in diesem Fall sei es fraglich, ob der Fiskus einen Teil der Provision nicht doch dieser Dienstleistung zuordnet, statt sie komplett auf die Vermittlung zu beziehen. Wer hingegen etwa nützliche IT-Tools oder einen jährlichen Depotcheck anbietet, ohne diesen Zusatznutzen in den Vertrag ausdrücklich aufzunehmen, dürfte auf der sicheren Seite sein.

Ob Finanzanlagenvermittler bei ihrer Vertragsgestaltung künftig ebenso vorsichtig sein müssen wie Banken, wird sich erst zeigen, wenn die geänderte Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) verabschiedet ist. Erst dann nämlich steht fest, ob die neuen Vorschriften, die Mifid II mit sich bringt, auch für freie Vermittler gelten werden. Wann die Verordnung kommt, ist bislang nicht klar. Experten wie Christian Waigel rechnen damit, dass es erst einige Wochen nach der Bundestagswahl soweit sein wird. (am)