Finanz- und Versicherungsvermittler müssen weiter auf für sie wichtige Verordnungen warten. Ein Zeitpunkt für die Veröffentlichung sowohl der Finanzanlagen- wie auch der Versicherungsvermittlungsverordnung (FinVermV und VersVermV) existiert bislang nicht: "Zu den Zeitplänen der beiden Verordnungen kann ich derzeit keine Stellung nehmen", teilte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE mit. Ende Juli hieß es noch, dass zumindest der Entwurf der FinVermV im September erscheinen würde.

Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass weder die FinVermV noch die VersVermV rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II und der Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD verabschiedet werden. Für gewerbliche Vermittler ist das problematisch, denn zumindest indirekt gelten die Regeln aus Mifid II und IDD auch für sie. Die Verordnungen regeln für die Vermittler viele praxisrelevante Fragen, die die nationalen Umsetzungsgesetze nicht beantwortet haben. Dazu zählen etwa der Umgang mit Provisionen für Berater mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (FinVermV) oder Details zur Beratung und Dokumentation bei Versicherungsanlageprodukten für Makler (VersVermV).

Bundesrat möchte Unterlagen sechs Wochen vor Beratung
Insbesondere für die FinVermV wird es knapp, weil Mifd II schon Anfang Januar 2018 in Kraft tritt. "Die Verordnung muss aber vom Bundesrat bestätigt werden. Die letzte Gelegenheit dazu ist die Sitzung des Länderkammer am 15. Dezember", rechnet Frank Rottenbacher, Vorstand des AfW-Bundesverbandes Finanzdienstleistung vor. Der Bundesrat wiederum verlange, dass Schriftstücke, die er behandeln muss, sechs Wochen vor der geplanten Beratung im Plenum vorliegen. "Das bedeutet: Die endgültige, vom Bundeskabinett verabschiedete Verordnung muss Anfang November vorliegen", so Rottenbacher.

Dieser Termin ist aber nach dem Ergebnis der Bundestagswahl vom 24. September mehr als ungewiss. Die Koalitionsverhandlungen dürften zäh verlaufen. Ergebnisse sind erst nach der Landtagswahl in Niedersachsen am 15. Oktober zu erwarten, weil die Parteien zuvor keine Zugeständnisse machen möchten, um keine Wähler abzuschrecken. Daher darf es als unrealistisch gelten, dass in fünf Wochen schon eine neue Bundesregierung steht. Rottenbacher hält es auch für unwahrscheinlich, dass noch die amtierende Regierung die Verordnung verabschiedet. Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries gehört der SPD an, die in die Opposition gehen möchte.

Bei der VersVermV sieht es ähnlich aus. Die IDD tritt zwar erst Ende Februar 2018 in Kraft, das IDD-Umsetzungsgesetz sieht aber einen Zustimmungsvorbehalt des Bundestages vor: Die Verordnung muss vor der Verabschiedung dem Parlament vorgelegt werden. Erst wenn dieses sich innerhalb von vier Wochen nicht äußert, geht die Verordnung an den Bundesrat weiter. Daher rennt auch hier die Zeit.

Übergangsmaßnahmen wahrscheinlich
Damit wird es immer wahrscheinlicher, dass Übergangsmaßnahmen sowohl für die Finanz- als auch die Versicherungsvermittler greifen müssen. Schließlich kann es nicht sein, dass sie sich Anfang Januar oder Ende Februar kommenden Jahres an neue Vorschriften halten müssen, für die die Rechtsgrundlage fehlt. Eine mögliche Lösung ist Rottenbacher zufolge, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden – in diesem Fall die Industrie- und Handelskammern und die Gewerbeämter – ein Moratorium verhängen, also keine Verstöße ahnden.

Eine andere Möglichkeit ist, dass die Teile der Verordnung erst später ihre Wirkung entfallen. Hierfür gibt es ein Vorbild bei Instituten, die nach dem Kreditwesengesetz reguliert sind. Der Entwurf der WpHG-Mitarbeiteranzeigeverordnung, den die Bafin Ende Mai veröffentlicht hatte, verfügt im Hinblick auf die nötige Qualifikation: "Für Personen, die am 3. Januar 2018 als Mitarbeiter in der Anlageberatung, Vertriebsmitarbeiter, Mitarbeiter in der Finanzportfolioverwaltung, Vertriebsbeauftragter oder Compliance-Beauftragter eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens tätig sind, wird im Zeitraum vom 3. Januar 2018 bis längstens zum 3. Juli 2018 vermutet, dass sie jeweils die notwendige Sachkunde (…) haben." Rechtsexperten meinen, dass eine solche Regelung auch in die Verordnungen eingebaut werden können. (jb)