Die nächsten Schritte für die Umsetzung der Verordnung über verpackte Anlage- und Versicherungsprodukte (Packaged Retail Investment and Insurance based Products – kurz: Priip) sind getan. Die EU-Kommission veröffentlichte gestern die technischen Regulierungsstandards (RTS). Was die anzugebenden Performanceszenarien repektive deren Priorität in der Darstellungsweise anbelangt, haben diese für die Fondsindustrie und angeschlossene Vertriebseinheiten möglicherweise gravierende Auswirkungen. 

Die RTS legen fest, welche Angaben in den wesentlichen Anlagerinformationen (Key Investors Document, kurz: KIID) für Fonds, Fondspolicen und Zertifikate künftig enthalten sein müssen und wie diese dargestellt werden solle. Um die RTS hatte es in der Vergangenheit Streit gegeben, sodass der Zeitplan für das Inkrafttreten der Verordnung geändert werden musste. Strittig waren unter anderem die Vorschläge zur Berechnung der Performance-Szenarien der Produkte. Diese hatte das Parlament daher Mitte September 2016 zurückgewiesen. Die Kommission wiederum hatte die RTS zur Bearbeitung an die Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs) weitergeleitet, die sich in ihrem Ende Dezember vorgelegten Bericht an die Kommission aber nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen konnten (FONDS professionell ONLINE berichtete).

Horrorszenario rückt ganz nach oben
Die aktuellen Vorschläge der Kommission zu den Standards sehen unter anderem vor, dass auf dem KIID auch die Performance eines Fonds in Krisenzeiten angegeben werden muss. Der Aufreger: Dieses "Worst Case"-Wertentwicklungsszenario müsste künftig sogar an erster Stelle genannt werden – vor allen anderen Angaben über mögliche Kursverläufe des Fonds bei günstigeren Rahmenbedingungen.

Ein solcher "Warnhinweis" in punkto Wertentwicklung war zu Beginn der Konsultationen wohl einmal angedacht gewesen, zwischenzeitlich aber in den Schubladen der Behörden verschwunden. Nun wurde er wieder hervorgeholt.

Kritik vom BVI
"Die Darstellungsweise der Wertentwicklung dürfte Anleger abschrecken, denn sie beginnt mit dem schlechtesten anzunehmenden Krisenszenario", kritisiert Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI.

Erfreulich ist aus seiner Sicht hingegen die geplante Risikoklassifizierung für Aktienfonds. Künftig landen diese nicht mehr in den höchsten Risikostufen, sondern im Mittelfeld, wo sie seiner Meinung auch hingehören. "Es gibt Produkte, die in der Summe für Anleger deutlich riskanter sind als Aktienfonds. Immerhin besteht bei der Priips-Überprüfung Ende 2018 noch die Chance, die größten Umsetzungsschnitzer zu beheben. Dazu gehört auch der unübliche Ansatz bei der Berechnung der Transaktionskosten für Fonds", so Richter.

Der BVI stößt sich noch an einem anderen Punkt. So könnten Versicherungsunternehmen für fondsgebundene Lebensversicherungen übergangsweise wählen, ob sie Kennzahlen aus den bestehenden OGAW-KIIDs verwenden oder diese nach den neuen Priips-Standards berechnen. "Teilweise konterkariert die Umsetzung das ursprüngliche Ziel einer europaweiten Vergleichbarkeit der Produkte", so Richter. "Damit entsteht bis zum Auslaufen der Ausnahmeregelung für Fonds Ende 2019 ein unnötiger Flickenteppich für die Anleger."

Die Uhr tickt: Zugleich leitete die Kommission die Regeln gestern auch an das Parlament und den EU-Rat zur Prüfung weiter. Beide haben jetzt drei Monate Zeit, Stellung zu nehmen. (jb)