Die Uhr tickt: Am 10. März tritt die EU-Verordnung "über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor" in Kraft. Sie ist Teil des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen, mit dem unter anderem die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden sollen.

Die Verordnung kommt mit 19 Seiten zwar recht schlank daher. Doch im Zusammenspiel mit anderen Regulierungen wie der Taxonomie-Verordnung und ausstehender Detail-Regelungen wächst sich das Vorhaben zu einem gigantischen Projekt aus. FONDS professionell ONLINE gibt in einer sechsteiligen Serie Auskunft darüber, was auf die Branche zukommt. Heute geht es um die Grundlagen und wichtigsten Begriffe aus der Verordnung, die wegen ihrer inoffiziellen englischen Bezeichnung "Sustainable Finance Disclosure Regulation" auch mit SFDR abgekürzt wird. In den kommenden Teilen, die immer mittwochs erscheinen, geht die Redaktion näher darauf ein, was für Asset Manager, deren Produkte, Anlageberater und Versicherungsvermittler gilt.

Oberstes Ziel: Transparenz
Für das grundlegende Verständnis ist es wichtig, dass die Offenlegungsverordnung in erster Linie für Transparenz sorgen soll. Aussagen darüber, was ökologisch oder sozial erstrebenswert sein könnte, sucht man in dem Regelwerk vergebens. Dennoch gilt die SFDR als wegweisend für mehr Nachhaltigkeit im Finanzwesen: Produktanbieter und Anlageberater müssen offenlegen, wie sie mit diesem Thema umgehen – anders als bisher, wo sich jeder als Öko- und Ethik-Pionier brüsten konnte, ohne das mit Substanz unterlegen zu müssen. "Der Grundsatz lautet: Was man verspricht, muss man auch halten", sagt Magdalena Kuper, Abteilungsdirektorin Recht beim deutschen Fondsverband BVI.

Die Verordnung unterscheidet zwei Gruppen von Verpflichteten: "Finanzmarktteilnehmer" und "Finanzberater". Zur ersten Gruppe gehören die Produktanbieter wie Fondsgesellschaften und Lebensversicherer, aber auch Vermögensverwalter, deren Dienstleistung (also die Finanzportfolioverwaltung) gemäß SFDR als Finanzprodukt gilt. Unter Finanzberatern wiederum sind all diejenigen zu verstehen, die über diese Produkte beraten, seien es Banken, Versicherungsvermittler oder Wertpapierfirmen. Wichtig: "Für Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung gilt das Regelwerk nicht unmittelbar, weil sie in Deutschland nicht den Status einer Wertpapierfirma haben", sagt Kuper. Dennoch sollten sie die Grundzüge der SFDR kennen, schließlich betrifft sie ihre wichtigsten Produkte, die Investmentfonds.

Zwei wichtige Begriffe
Und was ist nun offenzulegen? Auch bei dieser Frage kennt die Verordnung zwei große Kategorien: zum einen die Nachhaltigkeitsrisiken, zum anderen – Achtung, Wortungetüm! – die negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Adverse Impact Indicators, PAIs).

Ein Nachhaltigkeitsrisiko ist laut Verordnung "ein Ereignis (…) in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung, dessen (…) Eintreten tatsächlich oder potenziell wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert der Investition haben könnte". Unter Nachhaltigkeitsfaktoren wiederum sind "Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung" zu verstehen.

Festgemacht am konkreten Beispiel: Für einen Fonds, der in eine Fabrik an der holländischen Küste investiert, ist die Erderwärmung ein Nachhaltigkeitsrisiko, denn der Anstieg des Meeresspiegels schmälert potenziell den Wert des Investments. Das Kohlendioxid, das diese Fabrik ausstößt, zählt dagegen zu den PAIs, weil es den Klimawandel befeuert.

Viele Details fehlen noch
Ab 10. März müssen alle Finanzmarktteilnehmer erläutern, wie sie mit Nachhaltigkeitsrisiken umgehen, und zwar auf Gesellschafts- und auf Produktebene. "Deshalb muss jeder einzelne Verkaufsprospekt aktualisiert werden – unabhängig davon, ob es sich um einen nachhaltigen Fonds handelt oder nicht", so Kuper. Ähnliches gilt für die Finanzberater: Sie müssen offenlegen, wie sie Nachhaltigkeitsrisiken in die Anlageberatung einbeziehen, selbst dann, wenn sie gar keine ESG-Produkte vertreiben. Eine Ausnahme gibt es nur für sehr kleine Unternehmen dieser Kategorie, die weniger als drei Personen beschäftigen.

Mit Blick auf die negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren wird es deutlich komplizierter, da gelten unterschiedliche Vorgaben und Fristen je nach Verpflichtetengruppe und Unternehmensgröße. "Anfangs können diese Angaben nur relativ allgemein ausfallen, weil die Konkretisierungen der EU-Behörden noch ausstehen", erklärt Kuper. Doch auch wenn die Details noch fehlen, darf das nicht als Ausrede gelten, auf eine Offenlegung zu verzichten. Welche Pflichten hierbei für Asset Manager, Fonds und Vertriebe gelten, erläutert FONDS professionell ONLINE in den nächsten Folgen dieser Serie.

Keine Änderung am Beratungsprozess – noch
Eine wichtige Bemerkung zum Schluss: Die Offenlegungsverordnung ändert nichts am eigentlichen Beratungsprozess. Doch auch in diesem Punkt kommt in punkto Nachhaltigkeit Neues auf die Branche zu: Ab dem kommenden Jahr – das genaue Datum steht noch aus – müssen Anlageberater ihre Kunden fragen, ob sie bei der Geldanlage ESG-Aspekte berücksichtigt wissen wollen. So sieht es eine Änderungsverordnung zur Mifid-II-Richtlinie vor, die bald veröffentlicht werden soll. Diese Abfrage der "Nachhaltigkeitspräferenzen" hat aber nur indirekt etwas mit der Offenlegungsverordnung zu tun. Nach dem aktuellen Stand der Diskussion dürfte sich sogar die Frage, welche Fonds als nachhaltig einzustufen sind, von der SFDR-Systematik unterscheiden. (bm)


Die sechs Teile der Serie auf FONDS professionell ONLINE:


Hier finden Sie den Original-Text der Verordnung (externer Link).