Der Aktionsplan der Europäischen Union für ein nachhaltiges Finanzwesen läutet nicht weniger als eine neue Ära in der Branche ein. Denn bislang waren Fondsmanager und Vermögensverwalter allein darauf verpflichtet, das ihnen anvertraute Geld im besten Interesse der Kunden zu betreuen. Mit dem EU-Aktionsplan kommt jedoch eine neue Dimension hinzu: die Berücksichtigung von Aspekten der Nachhaltigkeit.

"Als Finanzmarktteilnehmer kommt man an dem Thema Nachhaltigkeit künftig nicht mehr vorbei, egal wie man dazu steht. Denn der Gesetzgeber steuert das Thema über unterschiedliche Gesetzesinitiativen im Markt ein", erläutert Alexander Gerlach von der Gruppe Regulatory & ESG Advice der DWS. Ein Schritt dabei ist die Offenlegungsverordnung, kurz SFDR, die Anbietern ab 10. März umfassende Transparenzpflichten auferlegt.

Alle betroffen
Demnach müssen Asset Manager und Vermögensverwalter zum einen Nachhaltigkeitsrisiken, zum anderen negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (PAIs) darlegen. Eine Erklärung der beiden Begriffe lesen Sie im ersten Teil der Serie. Welche Vorgaben die SFDR auf Unternehmensebene macht, finden Sie im zweiten Teil. Die heutige Folge widmet sich der Frage, welche Pflichten für Finanzprodukte gelten, die nicht als nachhaltig einsortiert sind.

"Die Offenlegung betrifft alle Fonds", hält Magdalena Kuper, Abteilungsdirektorin Recht beim deutschen Fondsverband BVI, zunächst einmal fest. "Es wird nicht unterschieden zwischen Publikums- oder Spezialfonds. Auch individuelle Mandate im Rahmen der Vermögensverwaltung unterliegen den Pflichten." Grundsätzlich erfasst die Offenlegungsverordnung Finanzprodukte wie Fonds, Vermögensverwaltungen oder Kapitallebensversicherungen, egal ob sie sich dem ESG-Feld zuordnen oder nicht.

Prospekte eifrig umschreiben
Im Detail unterscheidet die SFDR aber doch zwischen "normalen" Fonds nach Artikel sechs und nachhaltigen Fonds nach Artikel acht und neun der Verordnung. "Die Offenlegungsverordnung schafft drei unterschiedliche Produktkategorien", erläutert DWS-Experte Gerlach. "Sie sorgt dafür, dass nachhaltige Finanzprodukte besonderen Transparenzpflichten unterliegen. Dadurch entsteht eine gewisse Vergleichbarkeit, die vorher nicht gegeben war."

Das beschert der Branche eine Mammutaufgabe. Denn auf Produktebene müssen die vorvertraglichen Informationen ergänzt werden. Bei Investmentfonds versteht die SFDR hierunter die Verkaufsprospekte. "Diese müssen hinsichtlich der Nachhaltigkeitsrisiken geändert werden. Bei den nachhaltigen Strategien sind zusätzliche Anpassungen nötig", erläutert Gerlach. Bis zum 10. März müssen also sämtliche Prospekte geändert sein. Die DWS hat einige der Prospekte bereits angepasst. Die entsprechenden Formulierungen finden Sie als Beispiel unten.

Im Schnelldurchlauf
Die Verfahren dabei unterscheiden sich je nach Domizil. "In Deutschland werden Änderungen im Verkaufsprospekten nicht formell von der Bafin genehmigt, sondern nur angezeigt", erläutert BVI-Expertin Kuper. "Von daher sollten Fondsgesellschaften die Änderungen bei der Bafin, zumindest in allgemeiner Form, bis zum 10. März anzeigen. Die Anbieter arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung der EU-Vorgaben."

Anders läuft es im größten europäischen Fondsstandort Luxemburg. Hier gilt eine Pflicht zur Genehmigung von Änderungen. "Die dortige Aufsicht CSSF hat ein Schnellverfahren zur Genehmigung eingerichtet. Dabei bestätigen die Anbieter selbst, dass sie die Prospekte entsprechend ergänzt haben", berichtet Kuper. Die CSSF will diese Passagen dann im Nachhinein kontrollieren. Ein ähnliches Verfahren schuf auch die irische Zentralbank, die Banc Ceannais na hÉireann, für den zweitgrößten europäischen Fondsstandort.

Kein Entrinnen
Um eine Änderung werden sich die Anbieter kaum drücken können. "Es wird eine Prüfpflicht für Wirtschaftsprüfer eingeführt, ob die Kapitalverwaltungsgesellschaften die Vorgaben der Offenlegungsverordnung mit Blick auf interne Abläufe erfüllen", erläutert die BVI-Juristin. "Die Erfüllung der Anforderungen bei einzelnen Produkten wird erst im Rahmen der Jahresberichte geprüft." Zunächst greift jedoch die Meldung der Prospektänderung an die Bafin. Die Aufseher würden die Prospekte im Nachgang durchgehen und prüfen, ob sie entsprechend ergänzt wurden, so Kuper. "Bei Verstößen können aufsichtsrechtliche Sanktionen verhängt werden."

Die Formulierungen in den Prospekten und später in den Periodenberichten sollten keinesfalls als reines Lippenbekenntnis verstanden werden. "Gravierender und wahrscheinlicher als aufsichtsrechtliche Konsequenzen sind Mittelabzüge durch Anleger, wenn Fondsanbieter die gegebenen Versprechen nicht einhalten", sagt Adrian Whelan, Regulierungsexperte von Brown Brothers Harriman in Dublin. "Es reicht nicht, einfach nur die Prospekte anzupassen", ergänzt DWS-Experte Gerlach. "Es muss ein Prozess dahinterstehen, der die entsprechenden Änderungen inhaltlich unterfüttert, die Risiken entsprechend einbezieht und der gegebenenfalls Auswirkungen auf das Portfolio hat."

Spätere Umsetzung
Die Darstellung der nachteiligen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit wiederum greift zunächst nur auf Unternehmensebene. Erst per Ende 2022 tritt die Umsetzungspflicht auf Fondsebene ein. "Ab dann müssen Gesellschaften auch die negativen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren bei jedem einzelnen Fonds erläutern", sagt BVI-Expertin Kuper. Dann ist voraussichtlich eine Schilderung der jeweiligen Auswirkungen durch die Investments in dem konkreten Produkt gefordert, nicht nur eine allgemeine Angabe. "Ob dies auch für jeden konventionellen Fonds gilt, ist noch offen. Nach unserem Verständnis gibt es keine Pflicht zur Offenlegung von PAIs auf Produktebene, wenn der Anbieter nicht auf Gesellschaftsebene wegen seiner Größe dazu verpflichtet ist oder sich dazu entschlossen hat." (ert)


Wie kann die geforderte Offenlegung konkret aussehen? Hier zwei Passagen aus dem Verkaufsprospekt des "DWS Floating Rate Notes":

"Marktrisiko im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsrisiken
Auswirkungen auf den Marktpreis können auch Risiken aus dem Bereich Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung haben. So können Marktkurse sich verändern, wenn Unternehmen nicht nachhaltig handeln und keine Investitionen in nachhaltige Veränderungen vornehmen. Ebenso können strategische Ausrichtungen von Unternehmen, die Nachhaltigkeit nicht berücksichtigen, sich negativ auf den Kurs auswirken. Das Reputationsrisiko, das aus nicht-nachhaltigem Handeln von Unternehmen entsteht, kann sich ebenfalls negativ auswirken. Nicht zuletzt können auch physische Schäden durch den Klimawandel oder Maßnahmen zur Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft negative Auswirkungen auf den Marktpreis haben."

"Risiken durch kriminelle Handlungen, Missstände, Naturkatastrophen, fehlende Beachtung von Nachhaltigkeit
Der Fonds kann Opfer von Betrug oder anderen kriminellen Handlungen werden. Er kann Verluste durch Fehler von Mitarbeitern der Verwaltungsgesellschaft oder externer Dritter erleiden oder durch äußere Ereignisse wie zum Beispiel Naturkatastrophen oder Pandemien geschädigt werden. Diese Ereignisse können aufgrund fehlender Beachtung von Nachhaltigkeit hervorgerufen oder verstärkt werden. Die Verwaltungsgesellschaft ist bestrebt, operationelle Risiken und mögliche damit verbundene finanzielle Auswirkungen, die den Wert der Vermögenswerte eines Fonds beeinträchtigen könnten, so gering wie vernünftigerweise möglich zu halten und hat hierzu Prozesse und Verfahren zur Identifizierung, Steuerung und Minderung solcher Risiken eingerichtet."


Die sechs Teile der Serie auf FONDS professionell ONLINE:


Hier finden Sie den Original-Text der Verordnung (externer Link).