Noch genau zwei Wochen, dann ist es soweit: Am 10. März 2021 wird die EU-Verordnung "über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor" in Kraft treten. Das Regelwerk ist Teil des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen, mit dem unter anderem die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden sollen. FONDS professionell ONLINE behandelt das riesige Regulierungsprojekt in einer sechsteiligen Serie und hat unter anderem bereits berichtet, welche Pflichten auf Asset Manager als Produktgeber zukommen. 

Doch die Verordnung richtet sich nicht nur an die Emittenten, sondern auch an "Finanzberater". Daher soll es heute um die Regelungen gehen, die für die Gruppe dieser Verpflichteten künftig gelten. Den Versicherungsvermittlern, die die Offenlegungsverordnung ebenfalls als Finanzberater definiert, und der Assekuranz widmet die Redaktion kommende Woche einen eigenen Serienteil.

Der Begriff "Finanzberater"
Wer zu den "Finanzberatern" gehört, definiert Artikel 2 der Offenlegungsverordnung. Dort ist zu lesen, dass Kreditinstitute, Wertpapierfirmen, Asset Manager und auch Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) als Finanzberater eingestuft werden – aber immer nur dann, wenn sie Anlageberatung anbieten. 

Für Wertpapierfirmen, die Anlageberatung anbieten, legt Artikel 17, Absatz 1, unabhängig von ihrer Rechtsform fest: Für sie gilt die Verordnung nicht, sofern sie weniger als drei Personen beschäftigen. Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) sind von den Vorschriften der Offenlegungsverordnung grundsätzlich nicht betroffen. Achtung: 34f-Vermittler, die auch die Erlaubnis als Versicherungsvermittler nach Paragraf 34d GewO besitzen, haben die entsprechenden Pflichten natürlich umzusetzen.

Vorschriften in vier Artikeln
Die Vorschriften, die auf Finanzberater zukommen, finden sich in den Artikeln 3, 4, 5 und 6 der Verordnung. Dabei bezieht sich Artikel 4 auf Informationen über sogenannte negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Adverse Impacts, PAIs) die übrigen Artikel regeln Offenlegungspflichten zu Nachhaltigkeitsrisiken. Eine Definition dieser beiden Begriffe lesen Sie im ersten Beitrag der Serie von FONDS professionell ONLINE.

Artikel 3 legt fest, dass Finanzberater auf ihrer Internetseite darüber informieren müssen, wie sie Nachhaltigkeitsrisiken in ihre Anlageberatung einbeziehen. "Da wohl kaum erklärt werden soll, wie man in seinen Geschäftsräumen Energie spart, kann sich diese Vorschrift nur auf Finanzprodukte beziehen", sagt Markus Lange, Rechtsanwalt und Partner Financial Services Legal bei PwC. Es spreche viel dafür, dass erläutert werden soll, in welcher Art etwa Banken oder Wertpapierfirmen Nachhaltigkeitsrisiken beim Auswahlprozess von Produkten berücksichtigen, die Kunden generell empfohlen werden können und über die beraten wird. 

Es geht auch um die Vergütungspolitik… 
Artikel 5 schreibt fest, dass Finanzberater auf ihren Internetseiten zudem offenlegen müssen, wie sie ihre Vergütungspolitik mit Nachhaltigkeitsrisiken in Übereinstimmung bringen. Auch hier dürften ganz allgemein formulierte Informationen ausreichen. Die Branchenverbände AfW und Votum etwa empfehlen in ihrem gemeinsamen Leitfaden zur Offenlegungsverordnung eine Passage wie: "Die Vergütung für die Vermittlung von Finanzprodukten wird grundsätzlich nicht von den Nachhaltigkeitsrisiken beeinflusst."

Ähnliche Regelungen wie Artikel 3 legt Artikel 6 fest, der sich aber auf die vorvertraglichen Informationen bezieht. Absatz 2, Buchstabe a) besagt, dass auch dort erläutert werden soll, wie Nachhaltigkeitsrisiken in die Beratungstätigkeit einbezogen werden. "Dies kann grundsätzlich genauso geschehen wie auf der Webseite", sagt Experte Lange. 

Unterschieden werden muss hier je nach Finanzberater aber, um welche Dokumente es sich bei den vorvertraglichen Informationen handelt. Bei Banken und Wertpapierfirmen handelt es sich um die schriftlichen Kundeninformationen über Risken und Kosten einer Geldanlage, die aus Mifid II bekannt sind, und die nun ergänzt werden müssen. "Ebenso wie die bisherigen Informationen darf man die Angaben dazu, wie Nachhaltigkeitsrisiken in die Beratungstätigkeit einbezogen werden, standardisieren, soweit es geht", erklärt Lange.

… und um die Rendite
Artikel 6, Absatz 2, Buchstabe b) sieht vor, dass Finanzberater in ihren vorvertraglichen Informationen auch angeben müssen, wie sich die ermittelten Nachhaltigkeitsrisiken voraussichtlich auf die Rendite von Finanzprodukten auswirken werden. "Damit kann nur eine qualitative Beschreibung gemeint sein", sagt Lange. Eine quantitative Angabe hält er für unwahrscheinlich, da in vorvertraglichen Informationen nie konkrete Renditen aufgeführt werden. "Außer in den Ex-ante-Kostenberichten, aber dabei rechnet man mit Annahmen", so Lange. Wichtig zu wissen: Für den Artikel 6 gibt es ein "Opt-out". Wenn Finanzberater Nachhaltigkeitsrisiken nicht einbeziehen möchten, ist dies möglich, sie müssen dies aber in den vorvertraglichen Erläuterungen klar und knapp begründen.

Die letzte Rechtsvorschrift, die Finanzberater zu beachten haben, findet sich in Artikel 4. Dieser verankert in Absatz 5, Buchstabe a), dass sie auf ihren Interseiten zu veröffentlichen haben, ob sie bei der Auswahl von Finanzprodukten, die Gegenstand ihrer Anlageberatung sind, negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, die PAIs, berücksichtigen. 

Was tun ohne PAIs?
"Das wird für Finanzberater schwierig", sagt Magdalena Kuper, Abteilungsdirektorin Recht beim deutschen Fondsverband BVI. Der Grund: Emittenten wie Fondsgesellschaften müssen die PAIs für jedes einzelne Produkt erst ab Ende 2022 veröffentlichen. Ohne diese Angaben können Finanzberater darüber, wie sie die Indikatoren einzelner Finanzprodukte in ihre Anlageberatung einbeziehen, natürlich nichts aussagen. 

"Denkbar ist eine Erläuterung der Berater, dass sie die PAIs zwar berücksichtigen möchten, dafür aber auf die Daten von Emittenten angewiesen sind, die produktspezifisch bislang weitgehend nicht vorliegen", so Kuper. Berater, die sich dafür entscheiden, werden später ihre Erklärung um Angaben ergänzen müssen, wie sie die Informationen der Anbieter verwerten und ob sie die angebotenen Produkte anhand der Pflichtindikatoren zu negativen Auswirkungen auswählen. Wer davon absehen möchte, hat auch hier die Möglichkeit eines Opt-outs, das begründet werden muss. 

Wo die Infos auf der Internetseite hingehören
Für die Praxis ist es auch wichtig zu wissen, an welcher Stelle auf der Internetseite die Informationen zu Nachhaltigkeitsrisiken und den PAIs veröffentlicht werden müssen. Der AfW und Votum geben dazu in ihrem Leitfaden hilfreiche Tipps. Die Informationen können im Impressum oder auch hinter einem eigenen ESG-Reiter, ESG-Info-Button oder unter der Überschrift "Nachhaltigkeitsinformation" dargestellt werden, schreiben die Verbände. 

Eine Bemerkung zum Schluss: In den eigentlichen Beratungsprozess greift die Offenlegungsverordnung nicht ein. Hier kommen auf Berater erst neue Pflichten zu, wenn die Änderungsverordnung zur Mifid-II-Richtlinie in Kraft tritt. Dann müssen Finanzberater ihre Kunden fragen, ob sie bei der Geldanlage ESG-Aspekte berücksichtigt wissen wollen. Doch das wird erst ab dem nächsten Jahr der Fall sein, und das genaue Datum steht noch nicht fest. (am)


Die sechs Teile der Serie auf FONDS professionell ONLINE:


Hier finden Sie den Original-Text der Verordnung (externer Link).