Die Pläne der Europäische Union für ein nachhaltiges Finanzwesen betreffen auch Versicherungsvermittler. Ab dem 10. März müssen sie die EU-Verordnung "über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor" umsetzen. Die Pflichten der Versicherungsvermittler, die laut Verordnung zu den "Finanzberatern" gehören, gehen zwar nicht so weit wie die der Produktgeber. Doch auch auf sie kommt einiges an Arbeit zu.

Vorweg: Relevant sind die Regeln nur für sogenannte Versicherungsanlageprodukte, zu denen auch die betriebliche Altersvorsorge und die neue "Europarente" (PEPP) gehören. Sach- oder Krankenversicherungen sind nicht betroffen. Ausgenommen sind auch Vermittlerbetriebe, die maximal drei Mitarbeiter beschäftigen.

"Nachhaltigkeitsrisiken" und "negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren"
Alle übrigen müssen auf ihrer Internetseite Auskunft darüber geben, wie sie Nachhaltigkeitsrisiken und negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principal Adverse Impacts, PAIs) im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit berücksichtigen. Eine Definition dieser beiden Begriffe lesen Sie im ersten Beitrag der sechsteiligen Serie von FONDS professionell ONLINE. Der dritte wichtige Punkt ist die Frage der Vergütungspolitik in Bezug auf nachhaltige Produkte.

Gebundene Vertreter dürften mit dem Regelwerk kaum Arbeit haben: Sie werden nach einhelliger Meinung von Experten alle notwendigen Informationen und Formulierungen von ihren Versicherungsgesellschaften erhalten. Freie Makler dagegen müssen sich selbst darum kümmern, was sie veröffentlichen. Das gleiche gilt für Mehrfachagenten, sagt Rechtsanwalt Norman Wirth, der geschäftsführende Vorstand des AfW Bundesverbandes Finanzdienstleistungen.

Keine Details zur Angabe von Nachhaltigkeitsrisiken  
Wie Vermittler auf ihrer Internetseite "Strategien zur Einbeziehung der Nachhaltigkeitsrisiken" angeben, schreibt die Verordnung nicht im Detail vor. Sie haben aber nicht die Möglichkeit, keine Angaben zu machen. "Vermittler müssen schreiben, ob sie bei der Auswahl der Produkte in Betracht ziehen, dass das Investment etwa durch den Ausstoß von Kohlendioxid oder der Verletzung von Regeln für eine gute Unternehmensführung gefährdet ist oder dessen Rendite gemindert werden kann", erklärt Hans-Peter Schwintowski, emeritierter Rechtsprofessor an der Berliner Humboldt-Universität.

"Die Makler müssen sich hierbei in der Praxis auf die Angaben der Produktgeber verlassen. Sie können unmöglich jedes Produkt im Detail mit vertretbarem Aufwand überprüfen", ergänzt Per Protoschill, als Prokurist bei der Stuttgarter Vorsorge-Management Leiter der Vertriebsunterstützung bAV im Konzern der Stuttgarter Versicherungsgruppe.  

Vergütung immer "im besten Kundeninteresse"
Die Vorschriften zu den PAIs sind der zweite wichtige Punkt für freie Versicherungsvermittler: Ebenfalls auf der Internetseite müssen sie darlegen, ob sie die PAIs bei der Beratung berücksichtigen, oder begründen, warum sie das nicht tun. Wenn sie die PAIs berücksichtigen, müssen sie darlegen, nach welchen Kriterien sie die von den Produktgebern gelieferten Informationen nutzen. Zu den PAIs haben die EU-Finanzaufseher jüngst Details vorgelegt, die allerdings noch von der Europäischen Kommission und dem Parlament ratifiziert werden müssen und erst im kommenden Jahr in Kraft treten.

Der dritte für Makler und Mehrfachagenten wichtige Punkt der Transparenzverordnung sind Informationen zur Vergütung, die auf der Internetseite des Vermittlers zu veröffentlichen sind. "Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater geben im Rahmen ihrer Vergütungspolitik an, inwiefern diese mit der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken im Einklang steht", heißt es lapidar in der Verordnung. "Der Text der Verordnung verweist aber explizit auf die Vorschriften der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD, die wiederum klar besagt, dass die Vergütung eines Vermittlers immer im besten Kundeninteresse zu erfolgen hat, das heißt keine Fehlanreize beinhalten darf", sagt Ulrich Zander, Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute.

Verbände geben Hilfestellung
Die Verordnung enthält eine weitere wichtige Vorschrift für Vermittler: Sie müssen vorvertraglich angeben, ob und wie sie Nachhaltigkeitsrisiken bei der Beratung zu einem konkreten Produkt einbeziehen. "Die Informationen hierzu muss der Vermittler vom Produktgeber erhalten oder sie aus dem Verkaufsprospekt nehmen", sagt Schwintowski. Verzwickter ist die Frage, wann der Vermittler die Informationen übergeben muss. Die Verordnung spezifiziert das nicht. Experten sind sich einig, dass es dem Wortlaut nach genüge, sie kurz vor der Unterschrift des Versicherungsvertrages zu liefern.

Bei der Frage, mit welchen Formulierungen Vermittler auf ihrer Internetseite konkret arbeiten können, gibt es von zwei Seiten Unterstützung: Der BVK veröffentlichte einen entsprechenden Leitfaden, und auch die Verbände AfW und Votum haben entsprechende Empfehlungen veröffentlicht.

Pflichten für Versicherer
Für Vermittler ist auch wichtig zu wissen, welche Pflichten auf die Versicherer zukommen. Sie entsprechen im Wesentlichen denen der Asset Manager, die im zweiten Teil dieser Serie vorgestellt wurden. "Die Gesellschaften müssen wie auch die Fondsgesellschaften für alle ihre Assets im Sicherungsvermögen die PAIs berechnen und ihre Strategien zur Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsrisiken offenlegen", sagt Tim Ockenga, Leiter Kapitalanlage beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Es gibt hinsichtlich der konkreten Umsetzung der Verordnung aber ein paar Unterschiede zwischen Fonds- und Versicherungsgesellschaften. Zu den Versicherungsanlageprodukten, die von der Verordnung betroffen sind, gehören vor allem fondsgebundene Produkte. Hierbei verlassen sich die Versicherer auf die Angabe der Fondsgesellschaften: 

"In der fondsgebundenen Versicherung stellen wir die Informationen der jeweiligen Asset Manager zur Verfügung und bieten auf den bekannten Morningstar-Factsheets zu den Fonds neben den Standardinformationen zur Performance auch Informationen dazu, wie gut der Fonds Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage berücksichtigt", erläutert Gabriele Recke, Head of Sustainability der Allianz Lebensversicherung. Schon bei der Fondsauswahl achte die Allianz darauf, nur mit Asset Managern zusammenzuarbeiten, die eine "gute Nachhaltigkeitsstrategie implementiert" haben, so Recke. "Für unser Sicherungsvermögen legen wir die Rahmenbedingungen fest, wie Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage berücksichtig wird. Wie wir das genau machen, erklären wir unseren Kunden und Vermittlern auf der Homepage und in unseren Vertriebsportalen ausführlich", erklärt sie weiter.

Die nachhaltige Klassik-Police ist schwierig umzusetzen
Möchten Versicherer ein nachhaltiges Produkt gemäß Artikel 8 oder 9 der Verordnung anbieten, wird das abseits der Fondspolice aber schwierig: "Die Kapitalanlagen in einem Deckungsstock sind langfristig angelegt und in aller Regel noch nicht durchgängig nachhaltig", sagt Guido Bader, Vorstand Leben und Kapitalanlage bei der Stuttgarter Versicherungsgruppe und Vorstandschef der Deutschen Aktuarvereinigung.

"Die europäischen Aufsichtsbehörden diskutieren derzeit, ob für solche grüne Lebens- oder Rentenversicherungen eventuell sogar ein neuer, eigener Deckungsstock nach den Vorgaben der Verordnung gegründet werden muss, ob es eine Übergangsfrist geben soll, in der die Investments nachhaltig ausgerichtet werden, oder ob es reicht, wenn ein Teil der Assets nachhaltig ist, der dann den jeweiligen Produkten zugeordnet wird", so Bader. Daher bleibt abzuwarten, ob es abseits der Fondspolicen überhaupt nachhaltige Lebensversicherungen im Sinne der Offenlegungsverordnung geben wird. (jb)


Die sechs Teile der Serie auf FONDS professionell ONLINE:


Hier finden Sie den Original-Text der Verordnung (externer Link).