Die Europäische Kommission möchte Mindestkriterien für Fonds vorschlagen, die als nachhaltig im Sinne der Offenlegungsverordnung gelten. Das geht aus einem Anhang zur neuen "Sustainable Finance"-Strategie der Kommission hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Konkret geht es um Finanzprodukte, die unter Artikel 8 der im März in Kraft getretenen Offenlegungsverordnung fallen. Fonds, die von ihren Anbieter entsprechend klassifiziert werden, müssen eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen und diverse Transparenzpflichten erfüllen. Konkrete Vorgaben, wie die Anlagerichtlinien ausgestaltet sein müssen, um eine Einstufung des Fonds als Nachhaltigkeitsprodukt zu rechtfertigen, gibt es bislang aber nicht.

In der Praxis sorgt das dafür, dass Artikel 8 zu einer Art Sammelbecken verschiedenster Investmentvermögen geworden ist – vom allenfalls hellgrünen Portfolio bis hin zum dunkelgrünen Fonds für Überzeugungstäter. Die noch zu erarbeitenden Kriterien sollen dafür sorgen, eine "Mindestperformance" in punkto Nachhaltigkeit zu garantieren, so die Brüsseler EU-Behörde.

"Flickenteppich" vermeiden
"Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Mindestanforderungen an die Nachhaltigkeitsstrategien von Artikel-8-Produkten sind sinnvoll, um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten die Offenlegungsverordnung einheitlich umsetzen und kein Flickenteppich innerhalb der EU entsteht", sagt Magdalena Kuper, Leiterin Nachhaltigkeit beim deutschen Fondsverband BVI. "Allerdings ist zweifelhaft, ob die Mindestanforderungen dafür noch rechtzeitig kommen werden, denn die Umsetzung der Offenlegungsverordnung soll bis Anfang 2022 abgeschlossen sein." Der BVI hatte sich bereits im Dezember 2020 für einheitliche Mindeststandards für ESG-Strategien ausgesprochen.

Die EU-Kommission reagiert mit ihrem Vorstoß nicht nur auf die Kritik zahlreicher Branchenkenner, sondern auch auf die Pläne einiger nationaler Aufsichtsbehörden. So war Mitte Mai bekannt geworden, dass die Bafin an schärferen Regeln für "nachhaltige Investmentvermögen" arbeitet. Die Bundesanstalt begründete dies unter anderem damit, dass die Offenlegungsverordnung keine Aussage zur inhaltlichen Ausgestaltung der Anlagebedingungen trifft.

Verpflichtende ESG-Fortbildungen für Finanzberater?
Die "Sustainable Finance"-Pläne der EU-Kommission enthalten einen weiteren Punkt, der eines Tages einen direkten Einfluss auf den Arbeitsalltag eines Anlageberaters haben könnte: Brüssel schlägt vor, die Nachhaltigkeitsexpertise und -qualifikation von Finanzberatern zu stärken.

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), die Dachorganisation der Bankenverbände, lehnt das ab: "Für weitere regulatorische Schritte zur Verbesserung der erforderlichen Sachkunde der Berater in Bezug auf Nachhaltigkeit besteht kein Bedarf", heißt es in einer Stellungnahme. Es sei schon in der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II geregelt, dass Anlageberater über die erforderliche Sachkunde verfügen müssen. "Dies schließt auch Fortbildungen zur Nachhaltigkeit ein", so die DK. Bestrebungen, die Aus- und Fortbildung von Beratern EU-weit zu standardisieren, lehnt der Dachverband "aufgrund der unterschiedlichen Aus- und Fortbildungssysteme in den einzelnen Mitgliedsstaaten als nicht sachgerecht und unverhältnismäßig ab". (bm)