Endlich einmal gute Nachrichten für Finanzanlagenvermittler: Die derzeit rund 38.000 freien Vermittler mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) brauchen sich um die EU-Offenlegungsverordnung, die am 10. März 2021 in Kraft treten wird, keine Gedanken zu machen. Denn sie sind von den Pflichten, die das umfangreiche Regelwerk vorsieht, nicht erfasst. 

Dies hat die Finanzaufsicht Bafin auf Anfrage von FONDS professionell ONLINE mitgeteilt. Zuvor hatte selbst bei Branchenverbänden wie dem AfW und Votum keine hundertprozentige Sicherheit darüber bestanden, ob 34f-Vermittler von den Vorschriften der Verordnung betroffen sind oder nicht.

Erklärungsbedürftige Antwort 
"Da Finanzanlagenvermittler gemäß § 34 Abs. 1 GewO innerhalb der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 6 S. 1 Nr. 8 KWG tätig sein müssen, sind sie kein Finanzdienstleistungsinstitut und mithin auch kein Wertpapierdienstleistungsunternehmen bzw. keine Wertpapierfirma. Somit sind sie nicht Adressat der OffenlegungsVO". So lautet die Original-Mitteilung der Bafin an FONDS professionell ONLINE. Diese mag allerdings ein wenig erklärungsbedürftig sein.

Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass die Offenlegungsverordnung für sogenannte "Finanzmarktteilnehmer", also Produktgeber wie Kapitalverwaltungsgesellschaften, und "Finanzberater" gilt. Um herauszufinden, wer genau unter den Begriff "Finanzberater" fällt, ist ein Blick in Artikel 2, Nummer 11 der Verordnung nötig. Die einzige Definition, die auf 34f-Vermittler überhaupt zutreffen könnte, findet sich unter Punkt d). Dort ist zu lesen: "eine Wertpapierfirma, die Anlageberatung anbietet".

Hier kommt Mifid II ins Spiel
Auskunft darüber, wen oder was die Offenlegungsverordnung als Wertpapierfirma definiert, gibt Artikel 2, Nummer 5. Dort ist festgelegt, dass unter diesem Begriff eine "Wertpapierfirma im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2014/65/EU" zu verstehen ist. Und damit kommt Mifid II ins Spiel.

Mifid II legt fest, dass als "Wertpapierfirma" jede juristische Person gilt, die "im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/oder eine oder mehrere Anlagetätigkeiten ausübt". Zu den Wertpapierdienstleistungen gehört auch die Anlageberatung. Da diese Definition auf 34f-Vermittler zutrifft, die als juristische Personen organisiert sind, aber nicht auf solche, die als natürliche Personen unterwegs sind, könnte die Begriffsbestimmung an dieser Stelle eigentlich enden. Mit dem Fazit, dass zumindest ein Teil der deutschen Finanzanlagenvermittler sehr wohl unter die Offenlegungsverordnung fallen würde. 

Verschiedene Rechtsauffassungen
Genau diese Rechtsauslegung ziehen manche Juristen auch durchaus in Betracht. Andere hingegen argumentieren, der deutsche Gesetzgeber habe für Finanzanlagenvermittler, die unter die in Paragraf 2 KWG definierte Bereichsausnahme fallen, eine generelle Ausnahme gemacht. Immerhin erlaubt Mifid II in Artikel 3 den EU-Mitgliedstaaten, bestimmte Personen von den Vorschriften der Richtlinie zu befreien. Da dies in Deutschland auf Finanzanlagenvermittler zutrifft, fielen sie im Ergebnis auch nicht unter die Offenlegungsverordnung. So sehen es nun auch das BMF und die Bafin. 

Weil es unter spezialisierten Juristen aber auch andere Rechtsauffassungen gibt, war es zu einer Unklarheit hinsichtlich der Pflichten für Finanzanlagenvermittler gekommen. Markus Lange, Rechtsanwalt und Partner Financial Services Legal bei PwC, zum Beispiel hält die Interpretation der Bafin nicht für die einzig mögliche. 

Zuweilen hilft nur der Blick ins deutsche Recht
"Für die Auslegung bestimmter Vorschriften der Offenlegungsverordnung, etwa der Pflichten, die in Artikel 6 Absatz 3 Buchstaben h) und i) definiert sind, reicht ein Verweis auf die Regelungen von Mifid II nicht aus", erklärt er. Um in Erfahrung zu bringen, wo und an welcher Stelle Finanzberater in Deutschland ihre Kunden vor Vertragsabschluss künftig auch über Nachhaltigkeitsrisiken einer Geldanlage aufklären müssen, ist es notwendig, das WpHG, die nationale Umsetzung von Mifid II in deutsches Recht, heranzuziehen. 

"In Analogie zu Artikel 6 Absatz 3 der Offenlegungsverordnung lässt auch die Definition des Begriffs 'Wertpapierfirma' einen Rückschluss auf die deutsche Umsetzung von Mifid II und damit auf die Ausnahme für 34f-Vermittler zu", sagt Lange. Zwingend sei diese Rückkopplung aber nicht. "Denn die Begriffsbestimmung in der Offenlegungsverordnung ist durch den Verweis auf Artikel 4 der Mifid II – ohne gleichzeitige Bezugnahme auf deren Artikel 3 – klar", so Lange. "Das ist eine in sich schlüssige Begrifflichkeit für die Zwecke der Offenlegungsverordnung, für die Auslegung ist kein Blick ins KWG oder WpHG erforderlich", erklärt er.

Es könnte auch noch anders kommen
Die Bafin hat den Rückschluss auf die deutsche Umsetzung der Mifid II nun aber gezogen, und damit sind Finanzanlagenvermittler von den Pflichten der Offenlegungsverordnung in der Praxis befreit. Zumindest solange, bis eines Tages vielleicht doch noch eine andere Rechtsauslegung greifen sollte. Denn absolut verbindliche Auslegungen europäischer Verordnungen erfolgen letzten Endes durch EU-Gerichte – und nicht durch Behörden der Mitgliedstaaten. (am)