Das  BGH-Urteil zur Praxis der Banken, Kunden per "Zustimmungsfiktion" zur Annahme von Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu bewegen, hat die Branche vor neue Tatsachen gestellt. Die Institute müssen nun gut überlegen, wie sie von Bestandskunden neue oder höhere Gebühren erheben können, etwa einen als "Verwahrentgelt" bezeichneten Strafzins von 0,5 Prozent auf Tages- und Girokonten. 

Die Postbank, die selbst direkte Adressatin des BGH-Urteils war, hat beschlossen, ihre Strafzinspläne bei Bestandskunden unbeirrrt durchzuziehen – Neukunden sind bereits betroffen. Sie hat Kontoinhaber entsprechende Briefe mit neuen, individuellen Vereinbarungen geschickt, wie die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichtet. Dabei ist gar nicht klar, ob Banken für bestehende Konten überhaupt Negativzinsen verlangen können, so die SZ weiter – auch wenn mit einer direkten, individuellen Vereinbarung das Problem der Zustimmungsfiktion gelöst wäre.

"Verwahrentgelt kommt"
Der Zeitung zufolge hat das Institut Anfang Juni Schreiben an Kunden versandt. Überschrift: "Das Verwahrentgelt kommt". Weiter heißt es, dass man sich "leider gezwungen" sehe, auf die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank zu reagieren. "Deshalb möchten wir mit Ihnen eine Vereinbarung über die Entrichtung eines Verwahrentgeltes treffen, damit wir die Geschäftsbeziehung fortführen können", zitiert die SZ aus einem der Briefe. Die Kunden sollen die neue Vereinbarung innerhalb von drei Wochen unterschrieben zurückschicken.

Wie viele auf diese Weise angesprochen wurden, ist nicht bekannt. "Im breiten Kundengeschäft mit relativ gesehen geringeren Einlagen" berechne man kein Verwahrentgelt, teilt ein Sprecher der Bank der SZ mit. Die verschickten Briefe würden aber darauf hindeuten, dass auch für bestehende Kunden ab 25.000 auf einem Tagesgeld und ab 50.000 Euro auf dem Girokonto Negativzinsen fällig werden. Dass es die Postbank ernst meine, zeige die Formulierung "damit wir die Geschäftsbeziehung fortführen können". Mit anderen Worten: Wer nicht unterschreibt, fließt raus..

Juristische Bedenken
Allerdings ist rechtlich ziemlich umstritten, ob Banken Bestandskunden überhaupt Negativzinsen aufbrummen dürfen. "Aus unserer Sicht sprechen mehrere Gründe dagegen", so David Bode vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) gegenüber der Zeitung. Die Verbraucherschützer führen daher fünf Klagen gegen einzelne Banken. Ein Argument istdas gesetzliche Verbot der Doppelbepreisung. Demnach dürfe für ein Girokonto, das schon eine Grundgebühr kostet, nicht obendrauf noch ein Verwahrentgelt auf die Einlagen berechnet werden. (jb)