Im Dauerstreit um die korrekte Berechnung von Zinsen für Prämiensparverträge wurden vom Oberlandesgericht (OLG) Dresden erstmals in einem Urteil detaillierte Vorgaben über den anzuwendenden Referenzzins gemacht. Der Entscheid (Az. 5 U 1973/20) dürfte klagenden Bankkunden aber kaum gefallen. Die Richter entschieden zwar, dass Kunden der Sparkasse Dresden Nachzahlungen erhalten müssen – allerdings nicht in der von ihnen geforderten Höhe, wie das "Handelsblatt" berichtet. Verbraucherschützer haben bereits angekündigt, dass sie diese Zinsberechnung nicht akzeptieren werden.

Konkret setzten die Dresdner Richter die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere mit acht bis 15 Jahren Restlaufzeit als Referenzzins für die Berechnung von noch ausstehenden Zinsen von Prämiensparern an. Ferner haben sie entschieden, dass bei der Zinsberechnung nicht der sogenannte gleitende Durchschnitt der Zinsen verwendet wird. Unterm Strich bedeuten diese beiden Festlegungen, dass einem in diesem Falle betroffenen Kläger statt erwarteter rund 11.000 Euro nur circa 6.200 Euro zustehen – ein großer Unterschied, der auch andere Verbraucher treffen könnte.

Verkaufsschlager der 1990er-Jahre
Aber worum ging es überhaupt? Prämiensparverträge waren von 1990 bis zur Finanzkrise 2008 sehr beliebte Finanzprodukte bei deutschen Kreditinstituten. Diese versprachen einen variablen Grundzins sowie einen jährlichen Bonus aufs Ersparte, der nach der Vertragslaufzeit gestaffelt ist. Mit Beginn der Niedrigzinsphase 2008/2009 schraubten viele Geldhäuser den variablen Zins aber kräftig herunter.

Später klagten Kunden und einige Verbraucherzentralen gegen mehrere Sparkassen, weil sie meinen, dass diese den Grundzins nicht nach Gutdünken und intransparent zum eigenen Vorteil hätten ändern dürfen. Das sieht der Bundesgerichtshof (BGH) ebenfalls so und hat am im Oktober 2021 wichtige Leitplanken eingezogen, was Basis der Zinsberechnung und der Anpassungen bei langlaufenden Prämiensparverträgen sein soll. Weitere Details zum genauen Referenzzins und möglicher Nachzahlungen, wenn noch Ansprüche bestehen, sollte das OLG Dresden klären. Das vorliegende Urteil ist aber nicht Teil des vor dem BGH verhandelten Rechtsstreites, sondern ein separates Verfahren, so das Handelsblatt.

Widerstand seitens Verbraucherschützer
Allerdings scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen zu sein. Der Wirtschaftszeitung zufolge wollen Verbraucherschützer erreichen, dass der BGH  den Referenzzins selbst festlegt. Der Rechtsexperte der Verbraucherzentrale Sachsen, Michael Hummel, plant das für den Fall, dass das OLG Dresden bei anderen anstehenden Musterverfahren den Referenzzins aus dem aktuellen Urteil anlegt. 

"Wenn in diesen Fällen derselbe Referenzzins herauskommt, werden wir auf jeden Fall vor den Bundesgerichtshof ziehen", sagt Hummel dem Handelsblatt. In diesen Musterverfahren ist die Revision möglich. "Für uns ist der Referenzzins, den das OLG festgesetzt hat, nicht akzeptabel", zitiert die Zeitung den Experten weiter. "Und wir halten einen gleitenden Durchschnitt bei der Berechnung für angemessen." (jb)