Die Bundesregierung hat sich offenbar noch nicht auf eine gemeinsame Position zu einem Provisionsverbot für Anlageprodukte geeinigt, welches die EU-Kommission derzeit erwägt. Details sollen im Mai veröffentlicht werden. Das berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die der Zeitung vorliegt. In der Anfrage stellte die Opposition 34 Fragen zum Provisionsverbot – die meisten blieben unbeantwortet. 

"Die Meinungsbildung der Bundesregierung ist zu dieser Frage noch nicht abgeschlossen", zitiert das "Handelsblatt" zudem aus einer E-Mail von Finanzstaatssekretär Florian Toncar (FDP) vom 3. März. Die Regierung werde "im Lichte der zu erwartenden Vorschläge der Europäischen Kommission hierüber entscheiden".

Gegensätzliche Positionen
Der Grund dafür ist hinlänglich bekannt: Die Grünen und die FDP vertreten bei diesem Thema gegensätzliche Positionen. Die Grünen teilen die Kritik der Verbraucherzentralen am Provisionsmodell. Sie verweisen auf Fehlanreize für Berater, die für den Verkauf möglichst hoch provisionierter und damit teurer Produkte belohnt werden, und fordern eine unabhängige Finanzberatung. Die FDP hingegen verteidigt den Status quo mit dem Argument, dass sonst Hunderttausende Anlageberater ihren Job verlören.

Die Ampel hatte die Frage eines Provisionsverbotes daher im Koalitionsvertrag extra ausgeklammert. In Brüssel jedoch vertritt die Bundesregierung seit Monaten vehement die FDP-Position, so das "Handelsblatt". Die Grünen scheinen dem Finanzministerium von Christian Lindner, der sich dezidiert gegen das Verbot positioniert hat, bei dem Thema freie Hand zu lassen.

Probeabstimmung im Ministerrat
Wohl auch unter deutschem Druck verschob die zuständige EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness ihre Entscheidung zum Provisionsverbot von Ende März auf Mai. Das soll der Bundesregierung dem "Handelsblatt" zufolge weitere Gelegenheiten geben, den Widerstand im EU-Rat zu organisieren. Vergangene Woche fand demnach ein Workshop in Brüssel statt, bei dem ein Stimmungsbild der Mitgliedstaaten erhoben wurde: Hier sprach sich eine Mehrheit gegen ein Provisionsverbot aus, darunter die großen Länder Deutschland, Frankreich und Italien. (jb)