Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln schockiert Arbeitnehmer mit einer neuen Prognose: Einer Analyse zufolge müssten sich die Bundesbürger darauf einstellen, dass sie künftig erst mit 73 Jahren in den Ruhestand gehen können. Dies berichtet die Tageszeitung "Die Welt", der die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen.
 
Eine Verlängerung der Arbeitszeit bis zum Renteneintritt sei notwendig, damit nicht immer weniger Erwerbstätige immer mehr Rentner finanzieren müssen. Um die Beitragssätze konstant zu halten, müsse das Renteneintrittsalter stark steigen, zitiert die Zeitung die Autorin der IW-Studie, Susanne Kochskämper. Im Jahr 2030 soll es daher bei 69, 2035 bei 71 Jahren liegen. Den Vorschlägen der IW-Forscher zufolge könnte das Renteneintrittsalter dann ab 2041 konstant bei 73 Jahren gehalten werden.
 

Auch die Bezugsdauer des Ruhegeldes sinkt rapide: Gehe man davon aus, dass ein heute 40-jähriger Mann eine durchschnittliche Lebenserwartung von 79 Jahren hat, würde das laut der IW-Prognose bedeuten, dass ihm nur noch sechs Jahre übrig bleiben, um seine Rente auszugeben – "Arbeiten bis zum Umfallen" also. Die Rentenbezugsdauer würde mit sechs Jahren auf ein historisches Rekordtief fallen, so die "Welt". Zum Vergleich: Der bisherige Tiefstand datiert aus dem Jahr 1960, als Männer im Schnitt nur 9,9 Jahre zwischen Renteneintritt und Lebensende hatten. Heute liegt der Wert für Männer im Durchschnitt noch bei 19,3 Jahren, für Frauen bei 21,4 Jahren.

Fiskalisches Desaster vermeiden
Schulde an der Schock-Prognose hat die Demografie: Heute finanzieren drei Beitragszahler einen Rentenbezieher. Dieses Verhältnis müsse beibehalten werden, sollen dramatische Rentenkürzungen oder ein "fiskalisches Desaster" vermieden werden, erklären der "Welt" zufolge die Experten des Kölner Wirtschaftsforschungsinstituts. Wirke der demografische Wandel, ohne dass etwas unternommen werde, so würden im Jahr 2050 nur 1,5 Arbeitnehmer für einen Ruheständler aufkommen. Aus diesem Grund müssten die Deutschen nach den Berechnungen des IW ab 2041 bis zu ihrem 73. Lebensjahr arbeiten.
 
Der Effekt lasse sich abschwächen, sofern die Tendenz zur Frühverrentung umgekehrt werden könne. Doch sogar bei einer großzügigen Rechnung, die davon ausgeht, dass 2,2 Arbeitnehmer einen Ruhständler finanzieren, müsste das Renteneintrittsalter drastisch steigen. In diesem Fall dürften die Bundesbürger ab 2036 erst mit 69 Jahren und ab 2045 mit 70 Jahren in Rente gehen.
 
Hochrechnung der Politik zu optimistisch
Die aktuelle Kalkulation der Politik halten die IW-Ökonomen für zu optimistisch. Es müssten viel mehr Personen als heute jenseits der Regelaltersgrenze arbeiten, solle tatsächlich ein durchschnittliches Renteneintrittsalter von 67 Jahren ermöglicht werden. (am)