Sie gehört sicherlich zu den radikalsten Projekten, die sich die Bundesregierung für die laufende Legislaturperiode vorgenommen hat: die im Koalitionsvertrag verankerte Aktienrente. Wer bislang Zweifel daran hegte, dass die Ampel-Koalition dieses Vorhaben durchziehen wird, kann beruhigt sein. "Wir arbeiten mit Hochdruck an der Reform, die allerdings ein sehr komplexes Unterfangen ist", sagt Florian Toncar, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen (BMF), in einem Interview mit FONDS professionell. "Bis zum Jahresende möchten wir trotzdem einen Vorschlag vorlegen", erklärt der FDP-Politiker. Ähnlich hatte sich zuvor auch Bundesfinanzminister Christian Lindner geäußert.

Zehn Milliarden Euro sollen als Anschubfinanzierung für die Aktienrente fließen, die das Umlageverfahren in der gesetzlichen Rentenversicherung durch eine Anlage am Kapitalmarkt erweitern soll. Allerdings ist diese Summe im Bundeshaushalt nirgends zu finden. Daher wurde bereits spekuliert, die Regierung könnte das Vorhaben auf die lange Bank schieben. "Diese Sorge wäre unbegründet", so Toncar. "Wir haben die Summe bisher nicht in den Haushalt eingestellt, weil es noch kein Gesetz zur Aktienrente gibt, mithin auch keinen Empfänger für die zehn Milliarden Euro." 

Projekt gut vorbereiten
Es stehe noch nicht fest, welche Einrichtung den geplanten dauerhaften Fonds verwalten soll. Mit einem Haushaltstitel sei daher aktuell gar nichts anzufangen. "Es kommt darauf an, das Projekt sehr gut vorzubereiten. Das ist viel wichtiger als die Frage, ob die erste Überweisung nun am 31. Dezember 2022 getätigt wird oder etwas später", findet Toncar.

Geplant ist zunächst einmal, das Fondsvermögen aus öffentlichen Mitteln aufzubauen. "Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: Man kann Zuführungen aus dem Bundeshaushalt zulassen, denkbar sind auch Darlehen, die der Bund dem Fonds gewährt", erläutert der Parlamentarische Staatssekretär. Zudem könnte der Bund Beteiligungen, die er hält, an den Fonds übertragen. "Wir werden wahrscheinlich eine Mischung dieser drei Finanzierungsformen brauchen, denn allein mit Zuführungen aus dem Bundeshaushalt wird man den Fonds nicht so groß bekommen, dass er ausreichend Geld für die Sicherung der Rente erwirtschaften kann", sagt Toncar.

Dem Fonds die nötige Zeit geben
Für ihn ist es wichtig, dass es nicht bei den zehn Milliarden Euro an Fondsvermögen bleibt. "Stattdessen sollten wir jährlich einen Zuwachs in ähnlicher Größenordnung schaffen", so Toncar. Er schlägt außerdem vor, der Fonds solle Zeit bekommen und nicht schon nach zwei oder drei Jahren Erträge ausschütten müssen. "Nur so kann er vernünftig anlegen und wachsen, damit er dann, wenn sich in zehn bis 20 Jahren die Demografie im Rentensystem voll auswirkt, Lücken schließen kann", erklärt der FDP-Politiker.

Auch Überlegungen dazu, welche Institution den Fonds managen soll, gibt es im BMF bereits. Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass es eine unabhängige öffentlich-rechtliche Stelle sein muss, die den Fonds verwaltet und das Geld zugunsten der Deutschen Rentenversicherung anlegt. "Eine solche Stelle könnte die Bundesbank sein, die kraft des Grundgesetzes unabhängig und jedem politischen Einfluss entzogen ist", erklärt Toncar.

Nicht nach jeder Wahl neu diskutieren
"So muss es auch sein, denn wir wollen das Geld im Fonds langfristig als Vorsorge für die Alterssicherung unserer Bürger einsetzen. Dieser Zweck darf nicht nach jeder Wahl neu diskutiert werden", mahnt er. Natürlich sei denkbar, dass unter dem Dach der Bundesbank einzelne Aufgaben oder Leistungen extern vergeben werden. "Das werden wir im Gesetzgebungsprozess entscheiden", sagt der Staatssekretär. (am)


Ein ausführliches Interview mit Florian Toncar erscheint Ende September in FONDS professionell 3/2022.