Das Bundesverfassungsgericht wird sich bald mit einem steuerrechtlichen Thema von gewisser Tragweite befassen müssen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat den Karlsruher Richtern einen Streitfall zur Entscheidung vorgelegt, weil er die geltenden Regeln zur steuerlichen Verrechnung von Verlusten aus Aktiengeschäften für unvereinbar mit der Verfassung hält. Das berichten übereinstimmend verschiedene Medien, darunter "Spiegel Online".

Bekanntermaßen unterliegen Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren wie Aktien, Anleihen oder Fonds der Kapitalertragsteuer, Veräußerungsverluste können mit solchen Gewinnen verrechnet werden. Das senkt die Steuerlast für Anleger. Hierbei können grundsätzlich Verluste und Gewinne aus verschiedenen Geschäften miteinander verrechnet werden. Doch Achtung: Eine Ausnahme besteht für Verluste aus Aktienverkäufen. Diese können ausschließlich mit Gewinnen aus Aktiengeschäften und nicht mit anderen Kapitaleinkünften, beispielsweise Zinsen oder Dividenden, verrechnet werden. Falls in einem Steuerjahr keine Gewinne aus Aktiendeals anfallen, müssen Anleger die Verluste auf die folgenden Jahre vortragen.

Kein Grund, Kapitalanlagen unterschiedlich zu behandeln
Der BFH hält diese Beschränkung der Verrechnungsmöglichkeiten nach Angaben von "Spiegel Online" für einen Verstoß gegen den in der Verfassung verankerten Gleichheitsgrundsatz. Die Finanzrichter meinen, dass es keinen Grund gebe, Steuerzahler bei der Verrechnung von Verlusten aus Geldgeschäften unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob die Verluste bei Aktiengeschäften oder anderen Kapitalanlagen anfallen.

Im konkreten Einzelfall ging es um eine eher bescheidene Summe: Ein Ehepaar aus Schleswig-Holstein hatte 2012 die 4.819 Euro Verlust aus einem Aktienverkauf mit knapp 3.400 Euro Gewinn aus anderen Kapitalerträgen verrechnen wollten. Sowohl das zuständige Finanzamt als auch das Finanzgericht Schleswig-Holstein hatten das abgelehnt.

"Das BFH-Urteil ist schlüssig. Wenn das Verfassungsgericht es bestätigt, wird der Gesetzgeber die Vorschriften für die Verlustverrechnung zwischen den Kapitaleinkünften ändern müssen", kommentiert Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondverbands BVI. "Das ist eine Chance zur Vereinfachung und damit zur besseren Nachvollziehbarkeit der Steuerregeln für Sparer. Es wäre sinnvoll, wenn der Gesetzgeber die uneingeschränkte Verlustverrechnung zwischen allen Kapitaleinkünften zulassen würde, das heißt, Sparer sollten zum Beispiel Verluste aus Aktien auch mit Gewinnen aus Fonds verrechnen dürfen."

BMF-Schreiben
Aus dem Bundesfinanzministerium (BMF) kommt im Zusammenhang mit der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten eine andere wichtige Information: Ein Schreiben des BMF vom 3. Juni stellt der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) zufolge klar, dass Zertifikate und Optionsscheine nicht als Termingeschäfte gelten. Diese Anlagen fallen also anders als manche aus Paragraf 20 Absatz Einkommensteuergesetz herauslesen nicht unter die für Anleger nachteilige Grenze von 20.000 Euro für die steuerliche Verrechnung von Verlusten. Dagegen können Verluste aus Termingeschäften wie Optionen, Swaps, Forwards, Differenzkontrakte (Contracts for Difference, CFD) und Futures seit dem laufenden Steuerjahr nur bis maximal 20.000 Euro von Gewinnen abgesetzt werden. (jb)