Diverse Schiffsfonds-Rechtsfälle beschäftigen derzeit die Justiz. Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil klargestellt, dass österreichische Konsumenten, die die Fonds über einen deutschen Anbieter erworben haben, den Schutz des österreichischen Rechts genießen. Die Entscheidung hat Wirksamkeit über diesen Fall hinaus.

Der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministeriums gegen die deutsche Treuhand- und Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH & Co. KG (TVP) geklagt. Der VKI sah unzulässige Klauseln in den Treuhandverträgen mit österreichischen Anlegern. Bei diesen Klauseln ging es um die Verwaltung von Beteiligungen an Immobilien- und Schiffsfonds des deutschen Emissionshauses MPC. Sie legten unter anderem vor, dass deutsches Recht zur Anwendung kommt. Der VKI sah dies als nachteilig für österreichische Verbraucher an. Strittig war zudem, ob diese sogenannte Rechtswahlklausel nach deutschem oder österreichischem Recht zu prüfen sei. Der EuGH gab dem VKI nun in allen Punkten Recht und erklärte die von TVP verwendete Rechtswahlklausel für unzulässig, wie der Verein mitteilt.

Wichtige Klarstellungen
"Das aktuelle Urteil des EuGH entfaltet über den konkreten Anlassfall hinaus Wirksamkeit, da es wichtige Klarstellungen zum Verbraucherschutz bei grenzüberschreitenden Verträgen enthält", so die VKI-Experten. Das Urteil  stelle klar, dass österreichischen Konsumenten immer auch der Schutz des österreichischen Rechts zugutekommen soll – ungeachtet der Rechtswahl oder der Tatsache, dass ein Unternehmen seine Dienstleistung vom Ausland aus erbringt.

Der VKI führt seit 2013 ein Verbandsverfahren gegen die TVP mit Sitz in Hamburg. Die TVP ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der deutschen MPC-Gruppe, die geschlossene Fonds strukturiert. Sie verwaltet als Treuhänderin die Beteiligungen der österreichischen Anleger an mehreren Immobilien- und Schiffsfonds des Emissionshauses MPC.

Unzulässige Rechtswahlklausel
Im Rahmen des Verfahrens war strittig, ob die Rechtswahlklausel zugunsten deutschen Rechts zulässig ist. Umstritten war auch, ob eben diese Klausel nach deutschem oder nach österreichischem Recht zu prüfen sei. Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien hatte zu diesen Fragen den EuGH um Vorabentscheidung ersucht. Dieser bestätigte die VKI-Sicht. Der EuGH erklärte unter anderem, dass die Rechtswahlklauseln dann unzulässig seien, wenn sie den Verbraucher nicht darüber informieren, dass er ungeachtet der Rechtswahl durch die zwingenden Bestimmungen seines Heimatstaats geschützt ist.

Auch für die Erbringung von Dienstleistungen "aus der Ferne" enthält das Urteil wichtige Konkretisierungen, heißt es beim VKI: Die TVP argumentierte, dass sie ausschließlich von Deutschland aus tätig wird und wollte damit eine Ausnahme vom zwingenden Verbraucherschutz bei grenzüberschreitenden Verträgen erwirken. Vergeblich, wie sich zeigte: Diese Ausnahme würde laut EuGH nur dann greifen, wenn auch der Verbraucher die Dienstleistung nicht in Österreich, sondern nur im Ausland in Anspruch nehmen könne.

Bedeutung für alle Dienstleistungsverträge
"Wo Verbraucher ihre Rechte geltend machen können und ob sie sich dafür auf ihr Heimatrecht stützen können, ist bei grenzüberschreitenden Verträgen von entscheidender Bedeutung", so Petra Leupold, Leiterin der VKI-Akademie. Das Urteil habe über den Anlassfall hinaus Bedeutung für alle Dienstleistungsverträge. (eml)