Der Streit um die Kündigung von Prämiensparverträgen geht in die nächste Runde: Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) und die Verbraucherzentrale Bayern haben am Mittwoch (29. Juli) beim Bayerischen Obersten Landesgericht eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Nürnberg eingereicht. Dies teilen die Verbraucherschützer in einer gemeinsamen Presseerklärung mit.

In dem Musterverfahren wollen sie gleich zwei Punkte auf einmal prüfen lassen. Zum einen soll das Gericht entscheiden, ob die Sparkasse Nürnberg bestimmte Formen von Prämiensparverträgen möglicherweise gar nicht hätte kündigen dürfen, zum anderen, ob das Institut die Zinsen aus solchen Sparverträgen zum Teil zu niedrig berechnet hat. Die Sparkasse Nürnberg hat sich im Jahre 2019 von über 20.000 Prämiensparverträgen getrennt. Es handele sich dabei um zwei Arten von Verträgen, sagte Sascha Straub, Referatsleiter Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Bayern, dem "Handelsblatt". Zum einen gehe es um Sparverträge mit einer Laufzeit von 99 Jahren. "Zum anderen ist in vielen der Sparverträge, die wir gesehen haben, eine 20-jährige Prämienstaffel enthalten, die auch für die 'Folgejahre', abgekürzt 'FJ', ein Prämienversprechen enthält", so Straub.

Bonus auf die jährliche Sparleistung
Prämiensparverträge, die größtenteils in den 1990er-Jahren angeboten wurden, sehen in der Regel vor, dass ein Geldinstitut dem Kunden zusätzlich zum veränderbaren Zins eine jährliche Prämie zahlt. Der Bonus ist nach der Vertragslaufzeit gestaffelt und beträgt bis zu 50 oder sogar 100 Prozent der jährlich erzielten Sparerträge.

Klar ist nach dem aktuellen Stand der Dinge, dass Kredithäuser Prämiensparverträge mit unbegrenzter Laufzeit nach dem Erreichen der höchsten Prämienstufe – meist nach 15 Jahren – von sich aus kündigen können. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom Mai 2019 entschieden (Az. XI ZR 345/18). 

Es gibt Ausnahmen
Allerdings gibt es Ausnahmen. Wenn Verträge explizit zusichern, dass die höchste Prämie bis zum 20., 25. oder gar bis zum 99. Jahr gezahlt wird, dann kann die Bank das Sparprodukt nicht vorzeitig kündigen. Das entschied etwa das Landgericht Stendal. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden urteilte bereits, dass die Sparkasse Zwickau sich nicht vorzeitig von Prämiensparverträgen verabschieden darf, die 99 Jahre laufen und meistens auf Erben ihrer ursprünglichen Inhaber umgeschrieben worden sind (Az. 8 U 1770/18).

Da es sich bei den von der Sparkasse Nürnberg gekündigten Prämiensparverträgen offensichtlich ebenfalls um solche Sonderformen handelt, wollen die VZBV und die Verbraucherzentrale Bayern nun in einer Musterfeststellungsklage prüfen lassen, ob die Kündigungen ähnlich wie bei den Instituten in Sachsen und Sachsen-Anhalt unzulässig waren.

Zu wenig Zinsen gezahlt?
Die aktuelle Klage umfasst noch einen weiteren Punkt: Die Verbraucherschützer wollen auch prüfen lassen, ob die Sparkasse Nürnberg ihren Kunden Zinsen nachzahlen muss. Die Verbraucherschützer monieren, in vielen Verträgen sei nicht transparent, wie der variable Grundzins berechnet wird. Aus ihrer Sicht seien die Zinsanpassungsklauseln daher in etlichen Fällen rechtswidrig.

Die Sparkasse Nürnberg habe auf Anfrage erklärt, sie sehe einer möglichen Musterfeststellungsklage gelassen entgegen, schreibt das "Handelsblatt". Ihr sei diese noch nicht bekannt. Aktuell wolle sie sich zu den gekündigten Verträgen nicht äußern. (am)