Es war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Juni 2017, das den Finanzvertrieb jubeln ließ: Die Vermittlung von Vermögensverwaltungsverträgen, so die Richter, ist keine erlaubnispflichtige Anlagevermittlung. Zuvor hatte die Bafin dafür eine KWG-Lizenz oder zumindest eine Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung verlangt. Seither aber können Vermögensverwalter jeden für die Akquise einspannen und über eine Tippgeberprovision dafür entlohnen. Insbesondere für Versicherungsvermittler scheint das eine elegante Lösung zu sein: Sie können ihre Kunden auch bei der Geldanlage betreuen, indem sie ihnen eine Vermögensverwaltung empfehlen – ohne 34f-Erlaubnis. Einige Vertriebe und auch manche Maklerpools trommeln durchaus aggressiv für solche Modelle.

Dumm nur, dass kurz nach dem EuGH-Urteil die EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II in Kraft trat. Seither darf ein Vermögensverwalter nach Paragraf 70 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) "keine Zuwendungen (…) an Dritte gewähren (…), es sei denn, die Zuwendung ist darauf ausgelegt, die Qualität der für den Kunden erbrachten Dienstleistung zu verbessern". Sprich: Der Vermögensverwalter darf einen Tippgeber zwar entlohnen, er muss dann aber dafür sorgen, dass dieser dem Kunden eine Qualitätsverbesserung bietet. Wie soll das gehen, wenn sich der Vermittler nicht mal zu Fonds äußern darf, weil ihm die nötige Erlaubnis fehlt?

Bafin stellt sich quer
Teile der Branche argumentierten, dass die Provision laut EuGH-Urteil ja gar nicht für eine Wertpapierdienstleistung fließe, das WpHG in diesem Fall also gar keine Rolle spielen könne. Sprich: Tippgeber dürften honoriert werden, ohne dafür etwas tun zu müssen. Doch mit dieser Auslegung war die Aufsicht nicht einverstanden.

"Die Bafin hat deutlich gemacht, dass sie eine Qualitätsverbesserung erwartet, wenn ein Vermögensverwalter eine Provision an einen Tippgeber zahlt", sagt Nero Knapp, Justiziar des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter (VuV). "Auch wenn der Tippgeber für die Empfehlung einer Vermögensverwaltung keinerlei Erlaubnis benötigt: Der Anbieter ist natürlich an das WpHG gebunden", erläutert Christian Waigel, Partner der Kanzlei Waigel Rechtsanwälte. "Eine Zuwendung ohne Qualitätsverbesserung ist daher nicht möglich."

Qualitätsverbesserung auch ohne 34f-Erlaubnis möglich
Eine Qualitätsverbesserung ließe sich aber durchaus ohne KWG- oder 34f-Erlaubnis darstellen, ist Waigel überzeugt. "Auch ein Steuerberater oder Versicherungsmakler kann dem Kunden beispielsweise das quartalsweise Reporting des Vermögensverwalters erläutern." Er könnte dem Anleger zudem erklären, welche Auswirkungen die aktuelle Konjunkturentwicklung auf die Entwicklung an der Börse und damit auf sein Portfolio habe. "Über diese Zusammenhänge wissen die wenigsten Endkunden Bescheid, daher ist eine solche Dienstleistung durchaus als Qualitätsverbesserung zu verstehen."

Verfüge der Tippgeber über eine KWG- oder 34f-Lizenz, sei die Qualitätsverbesserung natürlich leichter zu belegen, so Waigel. "Ein lizensierter Berater kann beispielsweise einmal im Jahr überprüfen, ob die gewählte Anlagestrategie nach wie vor für den Kunden geeignet ist. Dazu ist der Vermögensverwalter nur einmalig am Anfang verpflichtet, ein regelmäßiges Update wäre also eine echte Qualitätsverbesserung", so Waigel.

Keine Zuwendung
VuV-Justiziar Knapp hat überlegt, wie die Tippgeber honoriert werden könnten, ohne dass dies als Zuwendung gilt. "Eine mögliche Lösung wäre, dass der Kunde den Vermögensverwalter im Vertrag explizit anweist, dem Vermittler eine Vergütung zu zahlen. Weil die Zahlung dann auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden erfolgt, handelt es sich nicht um eine Zuwendung im rechtlichen Sinne." Das gelte, obwohl das Geld weiterhin vom Anleger über den Verwalter zum Tippgeber fließe. "Bei dieser Gestaltung würde der Vermögensverwalter nur das Inkasso für den Vermittler übernehmen, aber keine Zuwendung zahlen", sagt Knapp.

Eine solche Lösung hält auch Waigel für möglich. "Der Kunde darf mit seinem Geld schließlich machen, was er will. Die entsprechende Passage im Vermögensverwaltungsvertrag muss aber eindeutig und unmissverständlich formuliert sein", mahnt er.

"Immer mit offenen Karten spielen"
Knapp zufolge wäre dieses Modell für den Vermittler auch zivilrechtlich von Vorteil. "Gesetzt den Fall, der Kunde erleidet einen hohen Verlust aus der empfohlenen Vermögensverwaltung: Wenn der Vermittler ihn dann nicht darüber aufgeklärt hat, dass er für seinen Tipp eine Vergütung erhalten hat, dürfte der Anleger mit einer Schadenersatzklage gute Chancen haben", sagt Knapp. "Ich empfehle daher, immer mit offenen Karten zu spielen." (bm)


Dieser Artikel ist ursprünglich in FONDS professionell 3/2019 auf Seite 308 erschienen. In dieser Ausgabe finden Sie weitere Artikel zur Fonds-Vermögensverwaltung, zum einen zur Möglichkeit, als 34f-Berater die eigene Anlagestrategie im Mantel einer standardisierten Vermögensverwaltung umzusetzen (Seite 300), zum anderen ein Porträt eines Vermittlers, der sein Investmentgeschäft komplett auf Fonds-VV-Modelle umgestellt hat (Seite 306).