Es ist eines der Lieblingsprojekte von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und es sollte zügig umgesetzt werden: das Generationenkapital, ursprünglich als "Aktienrente" bezeichnet. Nun muss die Bundesregierung die Umsetzung vertagen, weil nach dem Haushaltsurteil vom 15. November dieses Jahres Sparen angesagt ist. Die Entscheidung, die Aktienrente auf die lange Bank zu schieben, ergibt sich aus dem Entwurf über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan 2023 (Nachtragshaushaltsgesetz 2023), über den das Bundesministerium der Finanzen (BMF) auf seiner Homepage berichtet.

Das Bundeskabinett hat den Entwurf am Montag (27.11.) beschlossen. "Mit dem Nachtragshaushalt 2023 ziehen wir die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts", wird Finanzminister Lindner zitiert. Die Karlsruher Richter hatten sich vor ihrer Entscheidung umfassend mit den Ausnahmen von der Schuldenbremse und mit dem Umgang mit Sondervermögen auseinandergesetzt. Schließlich kamen sie zu dem Schluss, dass das Gesetz über den Zweiten Nachtragshaushalt 2021 verfassungswidrig ist.

Betroffene Sondervermögen
Das Urteil betrifft den Klima- und Transformationsfonds (KTF), den Wirtschafts-Stabilisierungs-Fonds Energie (WSF Energie) und das Sondervermögen "Aufbauhilfe 2021" zur Bewältigung der Folgen der Hochwasserkatastrophe von 2021. Diese Mittel können nach dem Urteil aus Karlsruhe 2023 nicht mehr in Anspruch genommen werden.

Mit dem Nachtragshaushalt wolle die Bundesregierung Konsequenzen aus dem Urteil ziehen und Rechtssicherheit schaffen, ist auf der Homepage des BMF zu lesen. Zudem solle in diesem Jahr rückwirkend nochmals eine "außergewöhnliche Notlage" ausgerufen werden.

Auf der Streichliste
Der Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes 2023 bildet unter anderem weitere "aktuelle einnahme- und ausgabeseitige Entwicklungen" ab. Auf dieser Liste findet sich neben anderen Posten auch der Punkt "schuldenregelneutrale Minderausgaben durch Wegfall des Darlehens an das Generationenkapital im Jahr 2023 (zehn Milliarden Euro)" – die geplante Aktienrente. 

Eigentlich wollte die Bundesregierung Anfang kommenden Jahres eine Stiftung mit zehn Milliarden Euro befüllen. Diese sollte das Geld dann am Kapitalmarkt anlegen, um so nach und nach einen Kapitalstock zur Finanzierung der gesetzlichen Rente aufzubauen. Immerhin: In der FDP werde betont, dass das Projekt zu einem späteren Zeitpunkt noch umgesetzt werde, berichtet das "Handelsblatt".

Erste Kritik
In der Finanzbranche löst die Verschiebung erste Kritik aus. "Die Entscheidung, das Generationenkapital zu verschieben, stellt einen herben Rückschlag für die Generationengerechtigkeit in unserem Land dar und verschiebt das Finanzierungsproblem der gesetzlichen Rentenansprüche weiter in die Zukunft", sagt etwa Christof Quiring, Head of Workplace Investing bei Fidelity International. Dies sende ein schlechtes Signal an die junge Generation. (am)