Investmentfonds auf der Blockchain – das klang vor nicht allzu langer Zeit wie reine Zukunftsmusik. Doch dieses Bild hat sich radikal gewandelt. Sogar der deutsche Gesetzgeber wittert viel Potenzial in der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) und prescht bei der Regulierung vor. Daneben schlagen findige kleine Anbieter eine Bresche für Investmentfonds in die Kryptowelt. Sie heben eine Art digitalen Klon auf die Blockchain.

Einen wahren Dammbruch stellt das im sperrigen Beamtendeutsch benannte "Gesetz zur Einführung elektronischer Wertpapiere" dar. Dieses Werk revolutioniert das deutsche Finanzrecht, indem es andere Regeln wie das Kapitalanlagegesetzbuch ändert und die rein elektronische Begebung von Wertpapieren ermöglicht. Bis dahin waren Wertpapiere ganz wörtlich an Papier gebunden – mit Ausnahme von Bundesanleihen. Die Sammelurkunden mussten tatsächlich gedruckt und umständlich in Tresoren eingelagert werden. Nunmehr erlaubt das Gesetz den rein virtuellen Eintrag von Wertpapieren in ein elektronisches Register.

Echter Durchbruch
Die Neuregelung erfasste zunächst nur Schuldverschreibungen und Fonds – letztere aber mit einer Einschränkung. "Es besteht ein Unterschied zwischen einem zentralen elektronischen Register und einem dezentralen Kryptowertpapierregister", erläutert Tanja Aschenbeck, die bei der Kanzlei Osborne Clarke in Deutschland die Abteilung für Finanzdienstleister leitet. "Das Kapitalanlagegesetzbuch eröffnet nur die Möglichkeit der Eintragung in ein zentrales elektronisches Register", sagt die Anwältin. "Im Grunde wird ein Fondsanteil damit zwar elektronisch begeben, aber eben nicht auf einer Blockchain abgebildet."

Das neue Regelwerk enthält jedoch eine Öffnungsklausel für eine Verordnung. Das Finanz- und das Justizministerium legten diese im Sommer nach. "Damit wird tatsächlich die Ausgabe von Kryptofondsanteilen im eigentlichen Sinne ermöglicht", sagt Aschenbeck. Die Verordnung gibt gewisse Sicherheitsstandards vor. So muss das Register ein fälschungssicheres Aufzeichnungssystem sein sowie die Einträge in der Zeitfolge protokollieren und gegen nachträgliche Änderungen schützen. "Diese Formulierungen zielen zwar auf die Blockchain-Technologie ab", erklärt die Juristin. "Doch der Wortlaut der Verordnung ist bewusst offen gehalten. Der Gesetzgeber will technologieneutrale Regelungen treffen."

Saubere Klone
Neben den Wegen, die das E-Wertpapiergesetz sowie die Kryptofondsverordnung eröffnen, haben sich einige findige Anbieter eigene Wege in die Blockchainwelt gebahnt. So meldete die Münchner Boutique Gridl Asset Management, dass sie ihren Mischfonds Gridl Global Macro UI gemeinsam mit dem Bankhaus Scheich tokenisiert hat. Die Bayern traten damit im Frühjahr an die Öffentlichkeit – also bevor die Kryptofondsverordnung in Kraft trat. Wie gingen die Parteien vor?


Wie die deutsche Fondsindustrie die Möglichkeiten einschätzt, die das E-Wertpapiergesetz und die Kryptofondsverordnung eröffnen, lesen Sie in der vollständigen Version des Artikels in der Ausgabe 3/2022 von FONDS professionell. Angemeldete Nutzer finden den Artikel auch hier im E-Magazin.


Dazu schufen die Akteure eine Art digitalen Klon des Fonds. "Wir setzen ein Special Purpose Vehicle auf. Dieses kauft die Fondsanteile", erläutert Björn Weigel, Leiter digitale Assets beim Bankhaus Scheich. "Als Market Maker handeln wir dann die Token des Special Purpose Vehicle. Ein Käufer kann somit stets einen Token in einen Fondsanteil einlösen." Der Vorteil dieses Konstrukts: Durch die digitale Handelbarkeit ließen sich Skaleneffekte erzielen. Zudem würden die Fondsanteile fraktionierbar, was den Zugang zu größeren Käuferschichten ermögliche. "Fondsanbieter erschließen sich mit einer Tokenisierung neue Kundengruppen", meint Weigel.

Hat der Weg über einen Kryptoklon aber auch rechtlich Bestand? "Nach der bisherigen Gesetzeslage ist eine Tokenisierung von Fondsanteilen durchaus möglich, sofern damit lediglich eine Art digitales Abbild eines klassisch zugelassenen Fonds gemeint ist", sagt Anwältin Aschenbeck von Osborne Clarke. "Zivilrechtlich besteht kein Unterschied zwischen dem Eigentum an einem herkömmlichen und einem tokenisierten Fondsanteil in diesem Sinne."

Zwischenlösung
Doch warum wählten die Pioniere den Umweg über ein Special Purpose Vehicle, wo doch der deutsche Gesetzgeber die Auflage von Kryptofonds inzwischen ermöglicht? "Für uns stellt dies eine Zwischenlösung dar", so der Kryptofonds-Geburtshelfer Weigel. "Wir sehen es als Brückentechnologie, bis eine endgültige Lösung auf der Blockchain möglich wird." Denn die Optionen, die der deutsche Gesetzgeber geschaffen habe, seien bislang regional begrenzt.

"Deutschland ist damit zwar Vorreiter", erkennt Weigel an. "Das Feld bleibt europäisch gesehen jedoch eine Nische. Denn die wichtigsten UCITS-Standorte sind einfach Luxemburg und Irland." So schlug der deutsche Gesetzgeber zwar eine Bresche. Bis Kryptofonds in der Breite ankommen, dürfte aber noch einige Zeit vergehen. (ert)