Die Finanzaufsicht Bafin hat gestern (27. Januar) nach eigenen Angaben einen Mitarbeiter der wegen des Verdachts des Insiderhandels bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart angezeigt. Der Beschäftige hatte am 17. Juni vergangenen Jahres strukturierte Produkte mit der Wirecard-Aktie als Basiswert verkauft - einen Tag, bevor der damalige Dax-Konzern bekannt geben musste, dass in seinen Bilanzen insgesamt 1,9 Milliarden Euro fehlten. Kurz darauf musste der Zahlungsdienstleister Insolvenz anmelden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugsverdacht.

Die Aufsichtsbehörde hat den Vorgang im Rahmen einer Sonderauswertung entdeckt und die Person sofort freigestellt sowie ein Disziplinarverfahren eröffnet. Ende November war bereits bekannt geworden, dass die Bafin sich von einem Mitarbeiter getrennt hatte, weil er private Transaktionen mit der Wirecard-Aktie zu spät gemeldet habe. Damals hieß es noch, dass sich die Person sowie drei andere, deren Aktiengeschäfte die Behörde genauer unter die Lupe genommen hatte, kein Insiderwissen zunutze gemacht habe. Ob es sich bei dieser entlassenen Person um dieselbe handelt, die nun angezeigt wurde, ist nicht bekannt.

Bafin selber am Pranger
Die Aufsichtsbehörde wurde im Zuge der Aufklärung des Bilanzskandals bei Wirecard massiv kritisiert, dass sie ihre Kontrollmöglichkeiten nicht genutzt habe. Auch die EU-Finanzaufsicht ESMA warf ihrem deutschen Pendant nach einer Sonderprüfung etliche Defizite und Versäumnisse vor. Sie prangerte unter anderem die Intransparenz über den Aktienbesitz der Bafin-Mitarbeiter an.  

Die ESMA wies daraufhin, dass es bedenklich sei, dass viele Bafin-Mitarbeiter mit Wirecard-Aktien gehandelt hatten. Das werfe der europäischen Behörde zufolge Zweifel über die Widerstandsfähigkeit der internen Kontrollsysteme der Aufsicht in Bezug auf mögliche Interessenkonflikte auf. Mitte Oktober 2020 hat die Bafin daher die Compliance-Regeln für die privaten Wertpapiergeschäfte ihrer Mitarbeiter Mitte Oktober 2020 verschärft. Spekulative Finanzgeschäfte, also das kurzfristige Handeln, beispielsweise mit Derivaten oder Aktien, sind seitdem untersagt.

Kritiker fordert Austausch der Behördenspitze
"Endlich geht die Bafin gegen möglichen Insiderhandel bei ihren eigenen Leuten konsequent vor. Das ist gut und richtig", kommentiert Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende und einer der größten Bafin-Kritiker die Meldung. "Aber wenn eine Behördenleitung immer erst massiven öffentlichen Druck braucht, um das Richtige zu tun, dann taugt sie nichts. Deswegen muss Olaf Scholz endlich durchgreifen, die Finanzaufsicht neu aufstellen und die Behördenspitze in Person von Felix Hufeld und Elisabeth Roegele austauschen." (jb)