Der Bilanzskandal bei Wirecard ist nicht nur für den Konzern selbst und Anleger ein echtes Debakel. Auch die Finanzaufsicht Bafin hat sich bei der Angelegenheit, die heute sogar zur Festnahme von Ex-Konzernchef Markus Braun führte, nachdem dieser sich noch am Montagabend bei der Staatsanwaltschaft München gestellt hatte, nicht mit Ruhm bekleckert. "Das ist ein komplettes Desaster, das wir da sehen, und es ist eine Schande, dass so etwas passiert ist", gestand Bafin-Präsident Felix Hufeld am Montag (22.6.) bei einer Konferenz in Frankfurt. Die Kritik an der Rolle der Aufsichtsbehörden inklusive der Bafin nehme er voll und ganz an. "Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so etwas passiert", zitieren verschiedene Medien Hufeld, darunter das "Manager-Magazin". Im Gegenteil, in der Vergangenheit hatte sich die Behörde sogar schützend vor Wirecard gestellt.

Das Eingeständnis hat sofort Gegner des geplanten Aufsichtswechsels von Finanzanlagenvermittlern mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) und Honorar-Finanzanlagenberatern mit Erlaubnis nach Paragraf 34h GewO auf den Plan gerufen. Das entsprechende Gesetzesverfahren stockt derzeit zwar im Bundestag, vom Tisch ist es aber nicht. Kritiker des Wechsels weisen schon länger darauf hin, dass die Bafin personell gar nicht in der Lage sei, rund 37.000 Gewerbetreibende zu beaufsichtigen, zumal sie – wie die Wirren um Wirecard zeigen – offensichtlich ohnehin schon überlastet ist.

"So wertlos wie aktuell die Wirecard-Aktie"
"In Anbetracht des Wirecard-Skandals und der damit mehr und mehr öffentlich werdenden Versäumnisse auch der Bafin – ein Supergau! – erscheint es unmöglich, der Bafin zusätzliche Aufgaben zu übertragen", sagt Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW Bundesverbandes Finanzdienstleistung. Wirth fordert daher, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz, das Finanzministerium selbst und die Aufsicht bereits bestehende Strukturen und Arbeitsweisen hinterfragen und aufarbeiten sollten, anstatt für viele Millionen Euro und mit viel Personal dort neue, seiner Meinung nach völlig unnötige Strukturen für die 34f-Vermittler zu schaffen. "Das geplante Gesetz ist so wertlos wie aktuell die Wirecard-Aktie!", so Wirths vernichtendes Urteil.

Wirecard Bank liegt auf Intensivstation
Ganz untätig war die Aufsichtsbehörde in Sachen Wirecard aber nicht. Das Manager-Magazin berichtet unter Berufung auf Finanzkreise, dass Hufeld nach der Veröffentlichung eines Reports der Beratungsgesellschaft KPMG vor etwa sechs Wochen die komplette Wirecard AG unter die Aufsicht der Behörde bringen wollte. Bisher gelte das nur für die Wirecard Bank, die unter besonderer Beobachtung stehe und auf der sogenannten Intensivstation der Behörde liegt, wo kriselnde Geldhäuser betreut werden.

Für den Mutterkonzern sei dagegen in Geldwäschefragen beispielsweise die Bezirksregierung Niederbayern zuständig, was auf die Anfangsjahre zurückgeht, als das Unternehmen noch deutlich kleiner war und noch nicht zu den weltweit größten Zahlungsdienstleistern gehörte – zumindest auf dem Papier. Wie und ob dieses Vorhaben weitergehe, hängt dem Magazin zufolge davon ab, ob der Konzern den Bilanzskandal überhaupt überlebt. (jb)