Wer seinen Immobilienkredit aus den Jahren zwischen 2002 und 2010 umschulden wollte, konnte dies lange Zeit, indem er einfach den "ewigen Widerrufsjoker" zog und das Darlehen unter Berufung auf fehlerhafte Widerrufsbelehrungen kündigte. Diesem Weg hat die Regierung aber mittlerweile einen Riegel vorgeschoben: Nach dem 21. Juni ist dieser Weg verschlossen. Darlehensnehmer, die diese Karte noch spielen möchten, müssen sich also sputen.

Die Rechtsanwaltskanzlei Trewius in Eislingen, Baden-Württemberg, hat in einer Pressemitteilung auf zwei aktuelle Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) hingewiesen, die ihrer Meinung nach die Erfolgsaussichten für den Ausstieg aus teuren Kreditverträgen und deshalb hohen Zinsersparnissen deutlich vergrößert.

Nutzungswertersatz
Ein Entscheid vom 12. Januar (BGH-Az.: XI ZR 366/15) stellt der Kanzlei zufolge unzweifelhaft klar, wie der so genannte Nutzungswertersatz nach dem Widerruf zu berechnen ist. Im Ergebnis müsse das Kreditinstitut dem Verbraucher eine Entschädigung dafür zahlen, dass es mit dem Geld des Kunden wirtschaften konnte. "Der Darlehensnehmer erhält Zinsen für jeden an das Kreditinstitut überwiesenen Euro von der Zahlung bis zum Widerruf. Die meisten Zivilgerichte sprechen dem Darlehensnehmer derzeit Zinsen in Höhe von mindestens 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu", schreibt die Kanzlei.

Entsprechend habe bereits das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) am 23. Dezember 2015 (4 U 146/14) entschiede. Vereinzelt sprechen Gerichte Bankkunden auch einen Nutzungswertersatz (Verzinsung) von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins zu. Überdies erhalte der Kreditnehmer etwaige Gebühren, Bereitstellungszinsen sowie die bereits bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung komplett zuzüglich Zinsen erstattet. "Durch diese Entscheidung hat das höchste deutsche Zivilgericht den Argumentationsspielraum von Banken und Sparkassen spürbar begrenzt, zugleich die Verbraucherrechte deutlich gestärkt", heißt es weiter.

"Matratzen-Urteil" auch für Immobilienkredite
Der zweite Beschluss des BGH  – 16. März 2016, Az: VIII ZR 146/15 – hat  der Mitteilung zufolge auf den ersten Blick nichts mit fehlerhaften Widerrufsbelehrungen in Immobilien-Darlehensverträgen zu tun. Kläger war der Käufer einer Matratze, der den Kauf ohne Angaben von Gründen widerrufen hatte. Die fehlende Begründung wollte der Händler nicht akzeptieren, deshalb auch nicht den Widerruf des Kaufvertrags. Das höchste deutsche Zivilgericht stellte fest, dass es einer Begründung auch nicht bedarf.

Diese BGH-Entscheidung lasse sich nach Auffassung der Juristen aber "problemlos auch auf den Widerruf von Immobilien-Darlehensverträgen übertragen." Darlehensgeber hätten sich in der Vergangenheit oft dem Widerrufsbegehren widersetzt mit dem Argument, Kunden wollten nur Zinsen sparen. "Auch das zieht dank des Bundesgerichtshofs nun nicht mehr." (jb)