Die sogenannte "Alte Hasen"-Regelung ermöglichte Finanzanlagenvermittlern, ihre Sachkunde für die Erlaubnis nach Paragraf 34f Gewerbeordnung (GewO) durch Berufspraxis nachzuweisen. Die dafür notwendigen MaBV-Prüfberichte für vergangene Jahre können laut eines Gerichtsurteils auch nachträglich vorgelegt werden, selbst wenn für ein Jahr eine Negativerklärung abgegeben wurde (FONDS professionell ONLINE berichtete). Der Berliner Rechtsanwalt Norman Wirth macht nun auf ein weiteres von seiner Kanzlei erstrittenes Urteil (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 21.07.2015 - Aktenzeichen: 6 S 637/15) aufmerksam, dass diese Rechtsauffassung im Grundsatz bestätigt. Lesen Sie dazu den Originalbeitrag von Rechtsanwalt Norman Wirth:

___________________________________________________________________

Bisher wurde nach Abstimmung im Bund-Länder-Ausschuss Gewerberecht seitens der Erlaubnisbehörden folgende – strenge - Ansicht zur Gewerbeerlaubnis für Finanzanlagenvermittler (§ 34f GewO) vertreten: Hatte der betreffende Finanzanlagenermittler eine Negativerklärung abgegeben, wäre damit der lückenlose Nachweis einer ununterbrochene Tätigkeit und damit die Befreiung von der Sachkundeprüfung als Alter-Hasen ausgeschlossen. Denn durch die Abgabe einer Negativerklärung habe der Vermittler bekundet, dass er in dem betreffenden Zeitraum keinerlei Tätigkeit ausgeübt hat. Dies sei ein klares Indiz dafür, dass er nicht ununterbrochen tätig war.  Rechtsanwalt Norman Wirth, dessen Kanzlei Vermittler vertritt, welche zwar ursprünglich fehlerhaft eine Negativerklärung  abgegeben hatten, später aber einen Prüfbericht nachgereicht haben, sah und sieht das aber anders.

 
Ebenso vertritt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nunmehr eine vermittelnde Ansicht: Wurden für den Nachweiszeitraum (2006 bis 2011) teilweise Negativerklärungen abgegeben und stehen diese inhaltlich in Widerspruch zu den später für denselben Zeitraum nachträglich abgegebenen MaBV-Prüfungsberichten, so seien diese grundsätzlich nicht ungeeignet eine ununterbrochene Tätigkeit zu beweisen. Entscheidend sei, ob nachvollziehbar dargelegt wird, weshalb eine unzutreffende Negativerklärung abgegeben wurde. Die hieran zu stellenden Anforderungen seien von den Umständen des Einzelfalls, z.B. von den Ursachen der fehlerhaften Angaben oder von der Person des Erklärenden, abhängig.
 
Soweit ein Finanzanlagenvermittler also nachvollziehbar begründen konnte bzw. kann, weshalb er in der Vergangenheit Negativerklärungen abgegeben hat, obwohl er zu Kapitalanlagen beraten und sie vielleicht auch vermittelt hat, besteht die Möglichkeit sich dennoch auf die Alte-Hasen-Regelung zu berufen. Wer irrtümlich davon ausging, dass er keine Tätigkeit ausgeübt habe, für die ein Prüfungsbericht vorzulegen war, der hat noch Chancen auf die Alte-Hase-Regelung. (jb)