Die Aussagekraft der in Fachkreisen immer beliebteren Fondskennzahl "Active Share" ist begrenzt. Darauf weist Christian Franzen hin, Head of Performance & Portfolio Risk bei Allianz Global Investors. Er empfiehlt, den Active Share nur bei der Analyse von Fonds mit ähnlichem Investmentansatz und identischem Vergleichsindex zu Rate zu ziehen. "Ergänzt um weitere Kennzahlen wie Tracking Error und Alpha lassen sich zwei Portfolios dann schon ganz gut vergleichen", meint er. "Über verschiedene Strategien oder gar Vergleichsindizes hinweg greift der Blick auf den Active Share dagegen deutlich zu kurz."

Franzen zählt zu den Experten, die FONDS professionell für eine umfassende Analyse rund um die neue Kennziffer befragt hat. Der komplette Artikel ist in der soeben publizierten Ausgabe 1/2015 erschienen. Mitglieder des FONDS professionell KLUBs können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.

Bietet ein Investmenthaus tatsächlich aktives Management?
Der Active Share hat in den vergangenen Monaten deutlich an Bedeutung gewonnen. Insbesondere in Großbritannien und in Skandinavien läuft eine Debatte, ob die vergleichsweise hohen Gebühren von Investmentfonds gerechtfertigt sind. Im Dezember etwa reichte eine schwedische Aktionärsvereinigung eine Sammelklage gegen Swedbank Robur ein. Der zweitgrößte Fondsanbieter des Landes, so der Vorwurf, habe zwei Fonds als aktiv gemanagt vermarktet und entsprechend hohe Gebühren verlangt, obwohl sie im Wesentlichen nur ihren Index abbildeten (FONDS professionell ONLINE berichtete). Seit Februar wettert sogar der britische Boulevard gegen pseudoaktive Fondsmanager und ihre "Abzockergebühren": Die "Daily Mail", eher bekannt für ihre Berichterstattung über Stars und Sternchen, rechnet vor, dass jeder dritte Pensionssparer hohe Summen für Fondsmanager zahlt, die "nahezu nichts tun" – außer eben einen Aktienindex zu kopieren.

Inzwischen hat auch Londons Finanzaufsicht das Thema auf dem Schirm. Die FCA denkt Medienberichten zufolge über eine Studie zu diesen sogenannten "Closet Trackers" nach, um zu prüfen, wie groß das Problem tatsächlich ist. In Dänemark ist man einen Schritt weiter. Der dortige Regulator stellte in im September 2014 fest, dass fast jeder dritte der 188 heimischen Aktienfonds als "Closet Tracker" klassifiziert werden kann. In Stockholm kündigte der stellvertretende Finanzminister Mitte Februar eine ähnliche Untersuchung an.

Um die im Vergleich zu ETFs hohen Gebühren zu rechtfertigen, müssen die Anbieter beweisen, dass sie tatsächlich aktives Management bieten. Genau dafür scheint der Active Share gut geeignet, denn die Kennzahl zeigt, welcher Anteil des Portfolios nicht dem Vergleichsindex entspricht – und ist damit ein guter erster Gradmesser für die Aktivität eines Fonds. Ein Active Share von null Prozent besagt, dass der Fonds die Benchmark exakt nachbildet, bei 100 Prozent enthält er keinen einzigen Titel aus der Benchmark.

Vergleichsindex spielt eine wichtige Rolle
Allianz-Global-Investors-Manager Franzen warnt jedoch davor, sich nur auf eine Kennzahl zu verlassen. Sein Team analysiert monatlich für fast 400 Fonds des Anbieters, wie die Manager ihre Anlageergebnisse erreicht haben, wo die Stärken liegen, wo es nachzubessern gilt. "Wir wollen im Detail verstehen, wo die Performance herkommt und wie persistent sie ist", sagt Franzen. Dafür stützt er sich für jeden Fonds auf zwei Dutzend Seiten voller Kennzahlen und Grafiken, die ihm ein unabhängiges Analysehaus liefert. Sein Fazit aus zig Sitzungen mit Portfoliomanagern auf dem gesamten Kontinent: "Der Active Share ist grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Er ist nur eine Zahl."

Eine wichtige Rolle spielt für Franzen zum Beispiel, auf welche indexfremden Titel der Fondsmanager setzt. "Es macht einen großen Unterschied, ob der Manager die Aktie des Autoherstellers A durch die des Autoherstellers B, die nicht im Index enthalten ist, ersetzt oder ob er auf einen Titel aus einer Branche setzt, die im Index gar nicht vertreten ist", sagt er. "In beiden Fällen steigt der Active Share, doch der Grad der Aktivität – und auch des Risikos – ist ein völlig anderer."

Ein anderer Aspekt ist die Zahl und die Gewichtung der Einzeltitel im Vergleichsindex. "Wenn ein Fonds mit deutschen Standardwerten nur zwölf Titel aus dem Dax enthält, darf das durchaus als 'highly active' gelten. Ein global investierender Fonds dagegen, der 500 der insgesamt gut 1.600 Aktien aus dem MSCI World umfasst, könnte den Index fast eins zu eins replizieren", sagt Franzen. Und das obwohl der Deutschlandfonds in diesem Beispiel prozentual gerechnet sogar mehr Benchmarktitel hält als der Weltaktienfonds. "Es könnte theoretisch ETFs auf den MSCI World geben, die einen Active Share von rund 65 Prozent aufweisen. Mit dem Dax als Benchmark kann ein Manager eine solch hohe Zahl nur erreichen, wenn er sich fast völlig vom ursprünglichen Investmentuniversum verabschiedet." (bm)