Die deutschen Aktuare sprechen sich dafür aus, Lebenspolicen mit festen Garantiezinsen beizubehalten, durchaus auch auf dem aktuellen Niveau. Gleichzeitig plädiert der oberste deutsche Versicherungsmathematiker aber dafür, die Laufzeiten dieser Garantiezusagen zu verkürzen.

In einem Interview mit der hauseigenen Verbandszeitschrift "Aktuar aktuell" (September-Ausgabe) sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV), Wilhelm Schneemeier, dass die Garantien nicht zwingend fallen müssen. Sie müssten aber für kürzere Laufzeiten zugesagt werden. "Ohne Garantien würde die Lebensversicherung keine wirklichen Altersvorsorgelösungen mehr bieten, es ist  unsere Aufgabe als Aktuare, Antworten zu definieren. Wichtig ist die Flexibilität der Produkte, damit Realwertentwicklungen auch im Niedrigzinsumfeld möglich sind", erläuterte Schneemeier. Er fährt fort: "Bei klassischen Lebenspolicen benötigen wir eine regulatorische Änderung in Richtung von Abschnittsgarantien: Für einen Zeitraum von 15 Jahren ist der Kapitalmarkt für laufende Beitragseinnahmen einschätzbar, über derartige Modelle reden wir auch mit der Bafin."

Keine Probleme durch Solvency II
Schneemeier gab in dem Interview auch Entwarnung bezüglich der Anforderungen, die für Versicherungsunternehmen aus Solvency II und den darin vorgesehenen verschärften Eigenkapitalanforderungen, entstehen: "Zwar stellt die risikoneutrale Bewertung gerade den deutschen Lebensversicherungsmarkt aufgrund seiner langfristigen Garantien vor Herausforderungen, zum Start im Januar 2016 haben wir aber einen Kompromiss gefunden, den wir Aktuare mittragen können", sagte er. Insbesondere die 16-jährige Übergangsfrist gebe Versicherern auch im Zinstief die Möglichkeit, den notwendigen Umbau der Kapitalanlagen vorzunehmen und sich bei Produkten neu aufzustellen. Die Bafin fordere schon ab kommendem Jahr für neue Produkte die Einhaltung von Solvency II ohne Übergangsregel.

Zinzusatzreserve: Gefahr für den Kapitalmarkt
Zu der Zinszusatzreserve fand Schneemeier ebenfalls klare Worte. Ein gleichmäßiger Aufbau der Reserve sei zum Erhalt der Garantieleistungen absolut notwendig. Allerdings führten die Aktuare Gespräche mit der Bafin über die Geschwindigkeit des Aufbaus dieses Kapitalpolsters. Der Hintergrund ist bekannt: Einige Unternehmen dürften Probleme haben, das Kapitalpolster aufzubauen, das direkt aus den Rohüberschüssen des Versicherers gebildet wird und so die Gewinne schmälert. "Andererseits verursachen auch die Gesellschaften Probleme, die die Zinszusatzreserve erbringen können", so Schneemeier. "Denn aufgrund der einseitigen Anforderungen an die Passivseite werden Versicherer gezwungen sein, in riesigen Dimensionen Kapitalanlagen umzuschichten, obwohl im Extremfall eine perfekte Bedeckung der Garantien vorliegen kann." Das habe gewaltige Auswirkungen auf den Kapitalmarkt insgesamt. (jb)