Ist eine Beratung gegen Honorar per se besser als die gegen Provision? Kann sich die gemeine Hausfrau wirklich keine Honorarberatung leisten? Und liegt tatsächlich die Honorarberatung im Trend, oder geht es vielmehr um absolute Transparenz? Frerk Frommholz, Mitinhaber der Finanzberatung Frommholz aus Jevenstedt bei Kiel, geht diesen Fragen in einem Gastbeitrag für FONDS professionell ONLINE nach. (bm)


Ich würde mich selbst als Honorarberater im weitesten Sinne bezeichnen. Ich lasse mich in meiner Beratung zum gesamten, wirtschaftlichen Leben meiner Mandanten nicht durch dritte Unternehmen vergüten, sondern habe ausschließlich eine bilaterale Geschäftsbeziehung mit meinem Mandanten und mit sonst niemandem. Welches Produkt wir (der Mandant und ich) aussuchen oder ob überhaupt eines notwendig ist, hat nichts mit den Bedürfnissen eines Versicherers oder sonstigem Produktgeber zu tun. Deshalb kann mein Rat oder meine Beratung aber trotzdem völliger Müll sein.

Umgekehrt: Würde ich mich von Produktgebern vergüten lassen, wäre es möglich, dass ich trotz eines möglicherweise anderen Umsatzanreizes einen ganz hervorragenden Rat abgäbe und eine sehr gute, kundenspezifische Beratung anböte. Honorarberatung dient also erst einmal rein der Reduzierung von Verkaufsanreizen für einen "Finanzberater", ist aber per se noch lange kein Zeichen für eine vorhandene Qualität, auch wenn das in den Medien derzeit gerne so dargestellt wird.

Es zeugt in manchen Fällen tatsächlich von Größe, Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein, sich mit geradem Rücken vor seinen Mandanten zu setzen und ihm zu sagen, dass die eigene Beratung etwas wert ist und man dafür entlohnt werden muss. Dies ist aber lediglich ein Indiz eines möglicherweise vernünftigen und gut informierten Beraters, keinesfalls ein Beweis.

Nicht über Vergütung, über Qualität sollte diskutiert werden
Der Verbraucher ist frustriert – von der Bahn, von der Politik, von den Banken und der Finanzberatung im Allgemeinen. Die Finanzbranche versucht nun, ihr Buhmann-Image mit der Honorarberatung aufzupolieren. Der "klassische" Honorarberater erklärt seinen Kunden, er sei im Prinzip der bessere Berater, weil er viel offener über seine Vergütung spricht. Häufig zeigt er mit einem Vergleichsrechner dann auf, dass ein Provisionstarif auf lange Sicht deutlich teurer ist, als wenn der Kunde einmalig ein Honorar zahlt. Herzlichen Glückwunsch! Der Honorarberater ist also günstiger als der Provisionsberater – aber ist er deshalb auch besser?

Im Prinzip sollte es doch aber darum gehen, dass Menschen, die bereit sind, für ihre Vorsorge und den Erhalt ihres Lebensstandards einen professionellen Rat hinzuzuziehen, auch korrekt und qualitativ hochwertig beraten werden. Ich glaube, ein hohes Maß an Strukturierung im kompletten Beratungsprozess ist hier ein, auch vom Verbraucher spürbares, Zusatzindiz für Qualität. Eine Ausbildung oder regelmäßige Fortbildungen sollten unabhängig durchgeführt und geprüft werden– vielleicht sogar von staatlicher oder sonst wie regulierter Stelle. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten Grundlage der Beratung sein und nicht die Meinung oder das vermeidlich als unabhängige Informationen vermittelte, aber beeinflusste Denken von Versicherern oder Kapitalverwaltungsgesellschaften.

Kunden würden McDonalds auch nicht glauben, dass dem Konzern nur das Kundenwohl und eine gesunde Ernährung am Herzen liegt. Warum glauben die gleichen Menschen aber bestimmten Versicherern, obwohl deren Produkte Risiken und Nebenwirkungen beinhalten, die normalerweise nicht einmal der sprichwörtliche Apotheker erklärt? Es ist ein lauter und harter Markt da draußen, aber von professionellen Finanzberatern wird zu Recht erwartet, dass sie den Dingen wirklich auf den Grund gehen.

Das neue Gesetz ist lächerlich
Honorarberatung ist kein Merkmal von Qualität. Sie ist nicht einmal ein Merkmal der Beherrschung der deutschen Sprache. Niemand, der diese Bezeichnung führt, berät nämlich über Honorar. Die Bundesregierung vermochte es mit dem Gesetz, das Wort sogar nochmal zum Honorarfinanzanlagenberater zu verkomplizieren. Die gesetzlichen Regelungen sind lächerlich, da sie keine nennenswerten Vorteile oder marketingtechnische Differenzierung vom allgemeinen Finanzvertrieb erlauben. Einzig Einschränkungen sind damit verbunden. Letztlich kann jeder klassische Finanzanlagenvermittler mit Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung eine "Honorarberatung" mit viel geringeren Regulativen anbieten.

Die Verfechter der Provisionssystems argumentieren gerne, die Hausfrau könne sich keine Honorarberatung leisten. Diese Aussage halte ich im aktuellen Marktumfeld zunächst einmal für nicht grundsätzlich falsch, aber für unvollständig. Denn Interessenten mit einem eher niedrigen Vermögen und Einkommen können sich in meinen Augen generell keine Finanzberatung leisten. Ein-, zwei- oder dreitausend Euro für die professionelle Findung der für sie passenden Berufsunfähigkeitsversicherung sind sicherlich absolut sinnvoll investierte Euro. Dabei ist aber zunächst völlig egal, ob diese auf den monatlichen Beitrag aufgeschlagen werden und der Verbraucher sie per Provisionen abstottert (gefühlt aber kostenlos beraten wurde), oder ob ein Honorar vereinbart wird. Im Zweifel ginge es nur darum, mit dem honorarbasierten Berater einen Ratenplan zur Vergütung zu beschließen. Die Aussage, Honorarberatung könne sich der "normale" Mensch nicht leisten, ist also vertretbar, gilt dann aber auch für die Beratung gegen Provision.

Der Trend lautet Transparenz, nicht Honorar
In meinen Augen ist es nicht die Honorarberatung, die derzeit im Trend liegt, sondern die absolute Transparenz. Und diese wird vor allem auch vom Internet erbracht und getrieben. Es zeichnet sich ab, dass Kunden, die sich im Prinzip weder eine Provisions- noch eine Honorarberatung leisten können, gut strukturierte, einfach verständliche und günstige Produkte online finden müssen. Gerne darf auch ein fachkundiger Mensch auf der anderen Seite sitzen. Fixkosten für Anfahrt, ein Besprechungszimmer, ein Käffchen zum Plausch müssen aber unbedingt entfallen, um einen maximal kosteneffizienten, passenden, produktanbieterunabhängigen Rat zu einem Risikoschutz zu erhalten. In diesem Marktsegment führt mittelfristig wohl wenig an Online-Beratung vorbei.

In anderen Ländern wie den USA ist dieser Trend schon zu sehen. Berater, die nicht frühzeitig erkennen, dass es sich hierbei um eine großartige Ergänzung ihrer hochwertigen Tätigkeit handeln kann, werden über kurz oder lang existenzielle Probleme bekommen.

Auch bei der persönlichen Beratung steigen die Ansprüche dramatisch. Der frustrierte Verbraucher, sollte er einem Berater in Finanzdingen aus lauter Angst oder Verzweiflung doch sein Vertrauen schenken, verlangt einen perfekten und individuellen Service. Er möchte im Innersten aber wohl nur endlich fair und professionell beraten werden. Diesen Rat kann man aber leider nur dem bieten, der es sich leisten kann. So brutal ist die ökonomische Realität. Als Unternehmer in der Finanzbranche kann man zwar einen gewissen Grad an Quersubventionierung innerhalb der Mandantenstruktur verkraften, aber dies darf ein gewisses Maß nicht übersteigen.

Der Kunde wird zum Mandanten
Stattdessen kommt, was kommen musste: Strukturvertriebe entdecken die Honorarberatung. Die Finanzbranche lernt nicht dazu, sondern verkleidet die alten Vertriebsschienen einfach in neue Gewänder. Im Kern ist aber alles genau wie vorher, ob es nun "Netto" oder "Honorar" da heißt. Es wird versucht, an den Namen und der Verpackung der bestehenden Produkte zu basteln. Aber das Kernproblem, dass der Kunde nicht nur marketingtechnisch, sondern im Handeln der Produktgeber im Mittelpunkt stehen muss, wird umgangen.

Der Kunde sollte wenigstens in den Augen der Berater zum Mandanten werden. Entsprechend diesem Wortsinn muss ihm nichts verkauft, sondern er muss korrekt und fachlich hochqualifiziert beraten werden. Dann kann der richtige Rat auch lauten: "Machen Sie lieber erst mal nichts."


Frerk Frommholz ist Wirtschaftsingenieur und einer von weniger als 100 Honorarfinanzanlagenberatern mit Zulassung nach Paragraf 34h Gewerbeordnung. Gemeinsam mit seinem Vater Frank Frommholz führt er die Finanzberatung Frommholz. Ihre Beratung verstehen sie eher als eine psychologisch, emotionale, finanzfokussierte Gesamtlebensbetreuung, die sich mit Anlegerängsten, Frustrationen gegenüber Beratern, Produkten und Märkten genauso beschäftigt wie mit Fragen der Absicherung, Vermögensstrukturierung oder Altersvorsorge. Eine spezielle Expertise sehen die Berater in ihrem wissenschaftlich orientierten Beratungsansatz und einer sehr persönlichen Mandantenbetreuung.