Auch wenn die Fondsbranche ein Rekordvermögen von über 2,7 Billionen Euro verwalte, sei das vergangene Jahr ein von Beginn an schwieriges und durchweg wechselvolles an den Kapitalmärkten gewesen, räumte Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI, im Kurzinterview mit der Redaktion von FONDS professionell ein. Das ist aus seiner Sicht der Hauptgrund, weshalb es bei den Nettozuflüssen im Publikumsfondsgeschäft lediglich zu einem unterdurchschnittlichen Zuwachs um sechs Milliarden Euro per Ende November gekommen sei, deutlich weniger als im Vorjahr mit einem Zuwachs um über 70 Milliarden Euro.

Soweit zur Statistik. Insgesamt ist es Richter gelungen, in seinem Vortrag auf dem diesjährigen FONDS professionell KONGRESS eine Brücke zu schlagen zwischen der in der Regel sehr theoretischen Sicht der Regulierer und den praktischen Auswirkungen auf den Beratungsalltag eines Vermittlers. Richter zeigte sich davon überzeugt, dass Deutschland weiterhin von der Vertriebsausnahme im Mifid-II-Regelwerk Gebrauch machen werde, allerdings müssten sich auch die auf Basis des Paragraphen 34f der Gewerbeordnung arbeitenden Fondsvermittler auf anspruchsvollere Standards gefasst machen.

In Bezug auf die ab Anfang 2018 geltende neuen Steuerregel für Fonds sieht Richter zwei wesentliche Aspekte: Durch das Aufgeben des Transparenzprinzips in der Fondsbesteuerung werde künftig der Fonds die vorgeschrieben Abgaben an den Staat entrichten, der Anleger erhalte im Gegenzug eine Anrechnung auf seine persönliche Steuerlast, damit er nicht zwei Mal zur Kasse gebeten werde. Bei vor Einführung der Abgeltungsteuer Anfang 2009 gekauften Fonds fällt künftig der damals zugesagte Bestandsschutz weg, weil er nicht mehr in das neue Steuersystem passt. Allerdings könne der Anleger künftig einen Freibetrag von 100.000 Euro für ab dem 1. Januar 2018 auflaufende Veräußerungsgewinne aus vor 2009 gekauften Fondsanteilen geltend machen. Für die meisten Anleger werde das neue Steuersystem daher nicht zu einer zusätzlichen Belastung führen Letzteres sei allenfalls bei größeren Family Offices und in der Verwaltung umfangreicherer Vermögen denkbar.  

Abgeltungsteuer auf der Abschussliste – ebenso wie "Börsensteuer"
Die Abgeltungsteuer, so sinnvoll sie in den Augen von Richter ist, wird es nach Ansicht des BVI-Verantwortlichen schwer haben, unabhängig von der künftigen politischen Konstellation in Deutschland. "Die Abgeltungsteuer ist wohl nicht zu retten", sagte er. Gegen das seiner Auffassung nach populistische Argument, wonach Arbeit höher besteuert werde als Kapital, sei in der öffentlichen Diskussion kaum anzukommen. Deutlich optimistischer zeigte sich der BVI-Hauptgeschäftsführer in der Frage der Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Der Eifer innerhalb der Gruppe der zehn europäischen Länder, die sich für die EInführung ausgesprochen hatten, lasse spürbar nach. "Vielleicht setzt sich ja bei dieser Steuerart die Vernunft durch", hofft Richter.

Und zur Frage, ob Fondsgesellschaften als Schattenbanken reguliert werden müssten, erklärte Richter unmissverständlich: "Fondsgesellschaften sind weder Banken noch agieren sie im Schatten. Es gibt kaum einen Bereich, der so gut ausgeleuchtet ist wie das Fondsgeschäft, in Teilen sogar überreguliert." Insgesamt zeigte sich Richter deshalb optimistisch in Bezug auf diese Frage, weil seiner Ansicht nach gute Chancen bestehen, dass diese Diskussion sich zunehmend versachlichen werde. (hh)