Der deutsche Fondsverband BVI zieht nach rund 120 europäischen und deutschen Gesetzen seit 2008 mit Bedeutung für Fonds eine gemischte Bilanz. Positiv hervorzuheben sei, dass die Grundpfeiler der Branche erhalten geblieben sind. "Anders als bei anderen Finanzmarktakteuren hat es durch die Regulierung keinen strukturellen Bruch in der Geschäftstätigkeit gegeben", sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Richter auf der Jahrespressekonferenz des BVI. Er begrüßte ausdrücklich die Verschiebung Mifid-II-Richtlinie um ein Jahr. An einigen Punkten gibt es nach Meinung des Fondsverbandes noch Spielraum für Nachbesserung.

An erster Stelle stehe hier die Investmentsteuerreform. Das Bundeskabinett plant dem Vernehmen nach, den Gesetzentwurf in diesem Monat zu verabschieden, damit der Text noch vor der Sommerpause im Bundestag gelesen werde. "Die bislang steuerfreie Ausschüttung von Immobiliengewinnen außerhalb der Zehn-Jahres-Frist sollte beibehalten werden. Jedenfalls sollte ein Wegfall die Privatanleger nicht belasten", sagte Richter. Letztlich dürfen Privatanleger, die über Fonds am Immobilienmarkt partizipieren möchten, gegenüber Direktanlegern nicht schlechter gestellt werden.

Nachbesserungsbedarf sieht der BVI auch bei den neuen administrativen Anforderungen. Hier drohen den KVGs durch einen höheren Verwaltungsaufwand bei den Erstattungsverfahren und in der Buchführung Mehrbelastungen in dreistelliger Millionenhöhe.

Widersprüche zwischen Gesetzen
Kritisch bewertet der BVI weiterhin die zunehmende Überregulierung auf der EU-Ebene durch technische Ausführungsvorschriften, die von den europäischen Aufsichtsbehörden ESMA, EBA und EIOPA (ESAs) und von der EU-Kommission erlassen werden. So seien seit Gründung der ESAs 2011 insgesamt 537 Durchführungsmaßnahmen, Leitlinien und Empfehlungen veröffentlicht worden. EU-Parlament und Rat erließen als Gesetzgeber im gleichen Zeitraum 39 Rahmenrichtlinien und -verordnungen. "Die derzeitige Überregulierung führt zu Widersprüchen und unbeabsichtigten Nebenwirkungen", merkte Richter an. "Deshalb sollte die Zahl der Ermächtigungen zum Erlass technischer Level-2-Vorschriften deutlich beschränkt werden."

Überregulierung hat Teilschuld an Aktienabstinenz 
Richter wies darauf hin, dass die Regulierungswut auch schon handfeste Nachteile für Verbraucher gebracht habe. "Dass die Deutschen so wenige Aktien haben, liegt an der Regulierung", sagt er. Das mangelhafte Finanzwissen der Deutschen spiele bei der Aktienscheu nur eine untergeordnete Rolle. Auch an den bisherigen Vorschriften zur Beratungsdokumentation ließ Richter kein gutes Haar. "Das Beratungsprotokoll ist für Verbraucher gemacht worden, das Ergebnis ist aber nicht verbraucherfreundlich, da es zu einer eingeschränkten Auswahl an Produkten führt". Banken würden wegen des Zeitaufwandes für das Protokoll mitunter Produkte empfehlen, für die keine Protokollpflicht existiert.

OGAW-V-Umsetzung gelungen
Sehr zufrieden ist der BVI dagegen mit dem Umsetzungsgesetz zur OGAW-V-Richtlinie, das nicht nur die EU-Vorgaben in deutsches Recht umsetzt, sondern auch neue Regeln für Kreditfonds enthält. So dürfen künftig geschlossene Spezialfonds nicht nur wie bisher Darlehensforderungen erwerben, sondern selbst Darlehen vergeben.

Bei offenen Spezialfonds, die in unverbriefte Darlehensforderungen investieren, kann die KVG die Darlehen jetzt auch selbst restrukturieren oder verlängern. Bislang musste sie dafür eine Bank einbinden, was zusätzliche Kosten verursacht hat. Gemäß den OGAW-Vorgaben stärkt das Gesetz darüber hinaus den Verbraucherschutz, indem es die verschärfte Haftung von Verwahrstellen für ihre Unterverwahrer in deutsches Recht umsetzt. (jb)


Klare Statements zum Thema Regulierung, zur Geeignetheitserklärung für Berater und zur Zukunft von Provisionen fand der BVI-Hauptgeschäftsführer auf dem FONDS professionell KONGRESS in Mannheim. Im Video-Interview mit FONDS professionell-Herausgeber Hans Heuser erklärt Thomas Richter, warum der Fondsvertrieb sich aus seiner Sicht gegenwärtig in einer Art Zerreißprobe zwischen Anlegerschutz auf der einen und Überregulierung auf der anderen Seite befindet. Laut Richter klaffen bei der Regulierung politische Ziele und Wirklichkeit der Anleger teilweise bedenklich weit auseinander.