Bisher konnte sich die Crowdfunding-Szene des politischen und medialen Rückenwinds sicher sein. Doch die Zeiten ändern sich und die Stimmung kann rasch kippen. Anlässlich des kleinen Jubliläums des Kleinanlegerschutzgesetzes, das seit einem Jahr in Kraft ist, wird die Schwarmfinanzierung kritisch beäugt. Der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVR) fordert nun im Sinne des Anlegerschutzes die wohlwollenden Ausnahmen für Crowdfunding im Kleinanlegerschutzgesetz abzuschaffen.

Das Kleinanlegerschutzgesetz ist am 10. Juli 2015 in Kraft getreten. Durch das Gesetz wurden bis dahin mehr oder weniger unregulierte partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte und Namensschuldverschreibungen sowie Direktinvestments zu Vermögensanlagen reguliert, mit der Folge, dass für sie grundsätzlich die Bestimmungen des Vermögensanlagengesetz gelten. Crowdfunding-Plattformen bleiben davon aber unter bestimmten Voraussetzungen, die leicht zu erfüllen sind, verschont. Bedingung dafür ist, dass die Plattform selbst eine Erlaubnis als Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder als Finanzanlagenvermittler besitzt.

Experten-Tenor: "Anleger dürften die Risiken gar nicht bemerken"
Dem Sachverständigenrat, der ein Beratungsgremium des Justiz- und Verbraucherschutzministeriums ist, sind die Vorzugsbehandlungen für die Cordfunding-Szene ein Dorn im Auge. "Man muss ganz nüchtern festhalten, dass es zwar lobbyseits Gründe geben könnte, die Formen des Crowdfunding in Deutschland beonders zu protegieren. Aber viele Anleger dürften gar nicht bemerken, dass hier nicht derselbe Schutz durch die Finanzaufsicht existiert wie bei den gängigen Anlageprodukten wie Investmentfonds oder Aktien", meint der Sachverständige Andreas Oehler, der auch Direktor der Forschungsstelle für Verbraucherfinanzen und Verbraucherbildung ist.

Oehler ist Finanzwirtschaft-Professor an der Universität Bamberg und Direktor der "Forschungsstelle Verbraucherfinanzen & Verbraucherbildung". Er fordert, dass das Crowdfunding als Anlage- und Finanzierungsform schnell ganz regulär als Finanzinstrumente nach dem Wertpapierhandelsgesetz geregelt wird. Außerdem sollten die Plattformen nach SVR-Meinung unter die Aufsicht der Bafin gestellt werden. Denn: "Mit dem Scheinargument der Innovationsförderung werden Anlegern Risiken zugemutet, die sie mangels Transparenz und Qualität der Informationen gar nicht erkennen können. Außerdem werden mit den ganzen Ausnahmen alternative Anlageformen wie Investmentfonds, Anleihen oder Aktien im Wettbewerb benachteiligt", kritisiert Oehler. (ae)