Europa braucht eine klare Strategie für die Zukunft. Diese Auffassung vertrat der CDU-Politiker und Aufsichtsratschef von Blackrocks deutscher Tochter in seinem Vortrag beim FONDS professionell KONGRESS in Mannheim. Vor allem vor dem Hintergrund der demonstrativen Machtpolitik von US-Präsident Donald Trump sowie des wirtschaftlich erstarkenden Chinas seit es von immenser Wichtigkeit, dass sich die Europäische Union (EU) klar positioniere und die Mitgliedsstaaten untereinander eng kooperierten.

Als Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit, die die Weltpolitik und –wirtschaft nachhaltig beeinflussen würden, nannte Merz die Intervention Russlands in der Ukraine, das Projekt "Neue Seidenstraße", das die chinesische Regierung vorantreibt, die Abschottungspolitik der USA sowie den bevorstehenden Austritt Großbritanniens aus der EU.

Auch durch den Westen provoziert
Das Einschreiten Russlands in der Ukraine sei nicht zuletzt durch Äußerungen westlicher Politiker provoziert worden, meint Merz: "Der ehemalige US-Präsident Barack Obama etwa hat Russland als 'Mittelmacht' bezeichnet." Nun demonstriere das Land mit allen Mitteln, dass es in der Weltpolitik doch die Stellung einer Großmacht einnehme. Es sei nicht zu erwarten, dass Präsident Wladimir Putin dieses Vorgehen in absehbarer Zeit ändern würde. Wirtschaftspolitisch habe Russland allerdings keinen allzu großen Einfluss, abgesehen von der Stellung in der Energiepolitik, die das Land auch zu nutzen wissen.

In China sei vor allem das Projekt "Neue Seidenstraße" wegweisend, das dem Land künftig eine starke ökonomische und politische Position. Zwar könnten Staaten, die sich an dem Projekt beteiligen, entlang der Linie nach Europa wirtschaftlich durchaus profitieren. Es müsse aber klar sein, dass die chinesische Regierung für eine Beteiligung ihre eigenen Regeln diktieren werde.

Auch nach Trump kaum Änderungen zu erwarten
In den USA sieht Merz auch über eine zweite Amtszeit von Präsident Trump hinaus – und diese hält er durchaus für möglich – keine Wende hin zu politischer und wirtschaftlicher Kooperation auf internationaler Ebene, zu Offenheit und neuen multilateralen Verträgen. Studien des Think Tanks "American Enterprise Institute für Public Policy Research" hätten ergeben, dass bis zum Jahr 2040 rund 50 Prozent der US-Amerikaner in acht wirtschaftlich florierenden Bundesstaaten leben werden.

Dies werde sich im Repräsentantenhaus wiederspiegeln, da die Sitze dort alle zwei Jahre gemäß der Verteilung der Bevölkerung auf die Bundesstaaten neu besetzt werden. Im Senat jedoch, wo jeder Bundesstaat mit zwei Senatoren vertreten ist, werde sich diese Entwicklung nicht zeigen. Damit würden die demokratischen Kräfte, die bis 2040 verstärkt in den acht Metropol-Regionen angesiedelt sein werden, stark unterrepräsentiert sein. Von einem solchen Senat "der alten weißen Männer" sei keine politische und ökonomische Offenheit zu erwarten.

Kein Brexit im März
Einen Tag nach erneuten Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien sieht der CDU-Politiker bis zum 23. März 2019 keinen geregelten Austritt des Landes aus der Staatengemeinschaft. "Es wird einen Brexit mit Deal geben, allerdings wird dafür die Übergangsfrist in Anspruch genommen werden." Mit dem Austritt des Landes verliere Deutschland einen starken strategischen Partner.

Auf die Vorschläge, die die EU-Kommission zur Abstimmung vorlegen werde, werde der Brexit ebenfalls Auswirkungen haben erwartet Merz. Bislang hatten die südlichen und die nördlichen Mitgliedstaaten im EU-Parlament jeweils einen Stimmanteil von etwa 38 Prozent, sodass sie sich gegenseitig nicht überstimmen konnten. Nach dem Austritt Großbritanniens würde sich der Anteil der Nord-Staaten auf  28 bis 29 Prozent verringern und jener der Südländer auf über 40 Prozent erhöhen. "Die EU-Kommission wird sich auf das neue Kräfteverhältnis einstellen", sagte Merz.

Eine Zentralisierung aller politischen Entscheidungen in Brüssel sei nicht notwendig. Viele Aufgaben könnten die EU-Mitgliedsländer übernehmen. Wichtig sei es aber, dass wesentliche Entscheidungen, die die europäische Gemeinschaft vorantreiben, sehr wohl in Brüssel getroffen würden. "Wir brauchen eine Strategie, die gerade auf das, was in China und den USA passiert, reagiert", mahnte Merz.

"Merz-Rente" mit Leben füllen
Für seine Idee, die Aktienkultur in Deutschland gezielt zu fördern, habe er sich viel Kritik bis hin zum Vorwurf eines Interessenkonfliktes anhören müssen, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende von Blackrock Deutschland. "Ich habe diese Meinung aber bereits vertreten, bevor ich Blackrock überhaupt kannte", erklärte Merz. Den Finanzberatern im Saal rief er zu: "Sie sind es, die diese Aktienkultur aktiv fördern müssen."

Wenn die Berater den FONDS professionell KONGRESS nutzten, um sich über dieses Thema mit Kollegen auszutauschen, dann lohne es sich, nach Mannheim zu kommen. "Für sie – und auch für mich", sagte Merz. (am)